Am Mittwochabend war Til Schweiger in einer Ranking-Show über deutsche Helden zu sehen. Nicht als Held, sondern als Kommentator. Da sagte er über den Radrennprofi Jan Ulrich und seinen Konkurrenten Lance Armstrong: "Ulrich hat nich' gesagt: 'Was zeigt der mit dem Finger auf mich - der hat selber gedopt!' Und jetzt kam's überraschenderweise raus, dass er immer gedopt hat, wie alle anderen auch. Und das ist halt so verlogen in dem Sport, dass ich mir das eigentlich auch nicht angucke."
Aus diesem Statement könnte man nun mehrerlei ableiten. Dass Til Schweiger eine sehr genaue Vorstellung davon hat, was ehrenhaftes Verhalten ist. Vielleicht auch, dass er Dinge schnell als persönliche Kränkung empfindet, wie etwa systematischen Betrug im Sport. Ganz sicher kann man aber sagen: Til Schweiger spricht vielen Menschen aus der Seele.
Geladen zum Tagesordnungspunkt "Flüchtlinge"
Am Donnerstagabend sitzt der Schauspieler nun im ZDFdonnerstalk von Dunja Hayali. Er ist geladen zum Tagesordnungspunkt "Flüchtlinge" - ein Thema, zu dem sich Schweiger in jüngerer Vergangenheit ebenfalls klar positioniert hat. So klar, dass Hayali ihren Gast als "die Reizfigur der vergangenen Tage" ankündigt - was ebenso viel über Schweiger wie über Hayali aussagt. Es ist erst die vierte Ausgabe des neuen Abendtalks der Morgenmagazin-Moderatorin und da kann ein Quotenbringer nicht schaden. Wobei so etwas ja immer ein bisschen unanständig klingt, zumal für einen öffentlich-rechtlichen Sender. Vielleicht unterzieht Hayali Schweiger deshalb einem 30-minütigen Interview, das streckenweise eher an ein Verhör erinnert.
"Warum Flüchtlinge?", fragt sie. "Warum nicht?", antwortet Schweiger. Ja, das ist genau die uninfomierte Großkotzigkeit, die Kritiker von Schweigers Flüchtlingsengagement ihm vorwerfen. Keine Ahnung, aber groß daherreden, von einem "Vorzeige-Flüchtlingsheim", das er bauen will. Nur, Tatsache ist auch: In Hayalis Frage schwingt genau jenes Nicht-Ernstnehmen und Lächerlich-Machen einer Medienvertreterin mit, über das sich der 51-Jährige so empört. Am liebsten via Facebook, wo er am vergangenen Wochenende an seine medialen Kritiker gerichtet schrieb: "Irgendwelche Deppen, die lästern und nichts zu tun haben....! Ich guck auf euch runter, voller Mitleid und Verachtung...!!!!"
"Ich bin so wie ich bin, ich werd' mich nie verändern"
Schweiger fühlt sich ungerecht behandelt, das lässt ihn auch in der Sendung nicht los. Zum Beispiel die Sache mit Sigmar Gabriel: Der sei im Gegensatz zu Angela Merkel auf seine Einladung eingegangen, habe dafür aber genau wie er selbst nur Hohn und Spott bekommen - von genau den Leuten, die gleichzeitig forderten, die Politiker müssten endlich in der Flüchtlingsproblematik aktiv werden. Sein Treffen mit dem SPD-Politiker habe auch mitnichten etwas mit dessen Partei zu tun gehabt: "Ich bin parteilos, ich bin aus dem Laden lange ausgetreten", sagt Schweiger. Und: "Ich bin so wie ich bin, ich werd' mich nie verändern."
Das Studiopublikum klatscht immer wieder, wenn der Schauspieler spricht. Er, der im Kino den Massengeschmack trifft, schafft es, in der Flüchtlingsdebatte mehr als nur die Diskurserfahrenen und ohnehin Engagierten abzuholen. Auch, indem er Fragen aufwirft, in denen es mehr um ein Gefühl der Unverständnisses geht als um behauptete Zusammenhänge. Er begreife einfach nicht, sagt Schweiger, wie in Deutschland Geld da sein könne für den Berliner Flughafen oder die Elbphilharmonie, und "Millionen, damit Frösche sicher über die Straße geleitet werden" - aber nicht für Flüchtlinge.
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Deutsche Medien fordern mehr Solidarität mit Flüchtlingen. Gesucht werden prominente Vorbilder, die Bürger motivieren zu helfen und sich gegen Hass und Angst stark machen. Til Schweiger tut genau dies - und wird dafür belächelt bis angegriffen.
Schweiger will eine Stiftung für traumatisierte Kinder gründen. "Ich werde richtig Klinken putzen gehen", verspricht er. Er verstehe ja sogar, wenn jemand sage: "Mir geht es selbst nicht gut - und jetzt soll ich auch noch Flüchtlingen helfen?" Aber, so Schweiger: "Nicht in diesem Ton." Gemeint sind damit wohl die offen rassistischen Kommentare, die sich zu Dutzenden unter Schweigers Facebook-Posts finden. Und dann sagt er wieder einen dieser Sätze, für die das Publikum Beifall spendet: "Es ist unsere Verantwortung als Menschen, den verzweifelten Kindern und auch ihren Eltern zu helfen."
An dieser Stelle grätscht Dunja Hayali rein: Habe Schweiger nicht mal in einem Interview gesagt, dass ihn Gutmenschen nerven? Ihr Gast kontert: "Mich nervt niemand, der Gutes tut." Dann will die Moderatorin von Schweiger wissen, was denn eigentlich ein Gutmensch für ihn sei. Der nutzt diese Gelegenheit, um noch ein bisschen gegen diverse Medien zu pesten. Als ginge es hier darum, irgendjemanden zu entlarven! Vor allem Hayali scheint mitunter zu vergessen, welche Frage sie sich eigentlich auf die Agenda geschrieben hatte, nämlich: "Ohne Eltern, ohne Schutz - Wohin mit den Flüchtlingskindern?"
Der Stehtisch-Plausch floppt
Hayali ist in dieser Live-Sendung am besten, wenn sie aus der Konserve kommt. Ein Einspieler zeigt sie in einem Berliner Wohnprojekt für jugendliche Flüchtlinge: Wie sie mit den Jungen aus Syrien über ihre Flucht und ihre Träume für die Zukunft spricht, das ist durchaus berührend. Auch ein Flüchtlingshelfer ist zu Gast im Studio, außerdem soll sich Schweiger mit Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius streiten, es geht um das mögliche Grundstück für Schweigers "Vorzeige-Flüchtlingsheim" in Osterode am Harz. Doch die beiden haben sich längst am Telefon ausgesöhnt. Der Schauspieler sagt, fast ein bisschen entschuldigend: "Es war nicht meine Idee, Spokesperson of the Year für Flüchtlinge zu werden." Mehr ist aus dem Stehtisch-Plausch nicht rauszuholen.
Also eben doch wieder Konfrontation à la "Moderatorin versus Gast". Hayali hakt bei Schweiger nach: Publicity spiele sicher keine Rolle bei seinem Engagement für Flüchtlinge? Schweiger sagt: "Ich bin so froh, wenn ich mal nicht in der Zeitung stehe. Was brauche ich denn für 'ne PR? Ich bin der erfolgreichste Filmemacher in Deutschland!" Noch mal Hayali: Ob er denn bei seinem geplanten Flüchtlingsheim auch bereit sei, mit anderen Partnern zusammenzuarbeiten? Antwort: "Ich hab' nie gesagt, dass ich Leiter von 'nem Flüchtlingsheim werden will! Ich will schon noch 'n paar Filme machen."
Überheblichkeit hin oder her: Man könnte sogar verstehen, wenn Schweiger seine Sätze mit ein paar mehr Ausrufezeichen versähe, als nötig wären. Und man würde zu gerne sehen, wie Hayali einem einzigen Politiker so zusetzt, wie an diesem Abend Schweiger. Zum Schluss des 30-minütigen Flüchtlingstalks will der Schauspieler dann noch etwas loswerden zum Thema Rassisten: "Die werden als erstes diese Sendung verbieten, wenn sie an der Macht sind."