Was passiert: Der schwedische Premier Olof Palme wird erschossen. Dieser Mord aus dem Februar 1986 ist bis heute nicht aufgeklärt. Vieles weist auf einen inzwischen verstorbenen Mann als Täter hin, der auch im Fokus dieser Serie steht. Wer genau hinsieht, bemerkt jedoch, dass sie sich gerade nicht eindeutig auf ihn festlegt. Spannender als die pannenbehaftete und teilweise auch manipulierte Ermittlung ist alsbald die Ausleuchtung eines Oberschicht-Milieus, das in entschiedener politischer Gegnerschaft zu Palme steht und heftig am Image der links-liberalen, toleranten Gesellschaft Schwedens kratzt.
Heimlicher Star: Cilla Thorell, sie spielt die Witwe Palmes. Eine größere Diva hat Schweden noch nicht gesehen.
Nicht geeignet für: Zuschauer, die immer eindeutige Ergebnisse vorgelegt bekommen wollen. Stefan Fischer
Bei Netflix, fünf Folgen
Was passiert: Um einem Unfall auf den Grund zu gehen, bei dem seine Familie auf mysteriöse Weise umgekommen ist, wendet der Hirnforscher Dr. Sewon Koh eine sehr originelle Methode an: Er synchronisiert sein eigenes Gehirn mit denen Verstorbener und kann so auf die Erinnerungen der Toten zugreifen. Die Grenze zwischen Realität und Erinnerung wird in dieser genreübergreifenden Serie immer schwammiger.
Heimlicher Star: Die Katze, mit der sich der Protagonist zwischendurch synchronisiert.
Nicht geeignet für: Leute, die Inception nicht mögen, weil man dabei zu viel nachdenken muss. Lennart Brauwers
Auf Apple TV+, sechs Folgen
Was passiert: Der Football-Star Colin Kaepernick machte 2016 den Kniefall zu einem Symbol gegen Polizeigewalt. Seine Protestaktion kostete ihn die Sportlerkarriere, machte ihn jedoch zu einem Vorreiter der "Black Lives Matter"-Bewegung. Als Showmaster seiner eigenen Geschichte führt er in der von Ava DuVernay entwickelten Serie durch Spielszenen seiner Jugend, seine ersten Erfahrungen mit Alltagsrassismus und verknüpft sie mit Erklärstücken über afroamerikanische Kulturgeschichte und rassistische Strukturen im Profisport.
Heimlicher Star: Kaepernicks Style - komplett in Schwarz, mit existenzialistischem Rollkragenpullover und Smoking-Mantel: eine Mischung aus "Shaft" und "Matrix".
Nicht geeignet für: Leugner der Critical Race Theory. Sofia Glasl
Bei Netflix, sechs Folgen
Was passiert: Superheld Hawkeye (Jeremy Renner) muss sich mit einer jungen Kollegin finsteren Mächten stellen. Ja, stimmt schon, das kennt man längst. Aber selten war der Heldenzirkus so pointiert, witzig und selbstreflexiv inszeniert. Regisseur Rhys Thomas kommt von Saturday Night Live, Autor Jonathan Igla hat vorher Mad Men gemacht. Frischer Wind im ansonsten ziemlich verbrauchten Marvel-Universum.
Heimlicher Star: New York in der Vorweihnachtszeit.
Nicht geeignet für: Weihnachtsverweigerer und Marvel-Muffel. Nicolas Freund
Bei Disney Plus, sechs Folgen
Was passiert: Ein toxischer Therapeut schleicht sich Stück für Stück in das Leben seines naiven Patienten ein. Dr. Herschkopf manipuliert Martys Entscheidungen, erschleicht sich sein Geld, Schmuck, sogar sein Haus. Und spielt die Familie gegen ihn aus.
Heimlicher Star: Martys Schwester Phyllis, die als Erste die Machenschaften des Therapeuten durchschaut.
Nicht geeignet für: Leute, die kein Fan von True Crime sind. Die Serie ist die Adaption eines gleichnamigen Podcasts, basierend auf einem wahren Krimi. Clara Meyer
Bei Apple TV+, acht Folgen
Was passiert: New England im 19. Jahrhundert. Etwas stimmt nicht auf dem Anwesen der Familie Boone: Es knarzt in dem alten Gemäuer, und was hat es mit diesen gruseligen Würmern auf sich? Charles Boone (Adrien Brody) beginnt an seinem Verstand zu zweifeln. Unheimlicher noch als das Übersinnliche ist aber, was am helllichten Tag passiert: Gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit wirkt jeder Grusel harmlos. Sehr freie Adaption einer frühen Kurzgeschichte Stephen Kings, die sich auf Klassiker des Genres von Hawthorne bis Lovecraft beruft.
Heimlicher Star: Emily Hampshire als hinterlistige und zugleich zweifelnde Journalistin.
Nicht geeignet für: Alle, die es nicht mögen, wenn Klassiker auch mal kritisch hinterfragt werden. Nicolas Freund
Bei Magenta TV, zehn Folgen
Was passiert: Johannes "Hannes" Ackermann und Ralf "Ralle" Paschke, zwei mittealte Wendeverlierer, sitzen im Brandenburger Hinterland an der Bushaltestelle und warten darauf, dass der Bus hält. So lange reden sie, übers Heute und Morgen, übers Leben und Lieben, übers Gewinnen und Verlieren. Ronald Zehrfeld und Felix Kramer spielen Hannes und Ralle, die sogar mit Blicken reden können. Und auch mit Worten reden sie über nüscht Besonderes, aber eigentlich über alles.
Heimlicher Star: Hund Maik natürlich, genannt Maiki. Der Hund kann zwar nicht sprechen, sieht aber so aus, als würde er jeden Moment anfangen damit.
Nicht geeignet für: Menschen, die es am liebsten laut haben. Der Sound des Augenblicks ist leise. Holger Gertz
In der ARD-Mediathek, sieben Folgen
Was passiert: Drehbuchautor und Showrunner Danny Strong erzählt von einer amerikanischen Tragödie: die Opioid-Epidemie, die 1999 mit dem Schmerzmittel Oxycontin ihren Anfang nahm und bis heute unvermindert grassiert. Die mit Michael Keaton, Kaitlyn Dever und Michael Stuhlbarg besetzte Mini-Serie ist ein berührendes Panorama der Katastrophe - von der Vision der Pharmabosse zu den Ärzten und Konsumenten, Drogenermittlern und Staatsanwälten.
Heimlicher Star: Will Poulter sorgt als junger, aalglatter Pharmavertreter für die besten Szenen, wenn er den von Keaton gespielten Kleinstadtarzt mit immer neuen verdrehten Wahrheiten und frittiertem Hähnchenfleisch bearbeitet.
Nicht geeignet für: Fans von detailliert recherchierten Crime-Dokus, die knallharte Fakten der fiktionalisierten Hollywood-Version vorziehen. Annett Scheffel
Bei Disney Plus, acht Folgen