Thomas Gottschalk wechselt zur ARD:Wie der FC Bayern

Bei der ARD ist es gerade wie beim FC Bayern München: Gekauft und bezahlt wird in großem Stil. Die Verpflichtung von Moderator Thomas Gottschalk ist nur der letzte Coup.

Christopher Keil

Noch am Mittwoch dieser Woche ließ das ZDF mitteilen, Thomas Gottschalk habe "definitiv noch nicht gekündigt". Ein Sprecher versuchte Zweifel zu streuen. An diesem Freitag ging dann plötzlich alles sehr schnell, und ZDF-Intendant Markus Schächter hat den jahrzehntelangen Wetten, dass..?-Moderator auch schon verabschiedet: "Thomas Gottschalk und das ZDF waren eine erfolgreiche Symbiose. Wir hätten das gerne fortgesetzt. Leben bedeutet aber auch Veränderung, und Thomas Gottschalk hat sich für einen Wechsel entschieden."

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Thomas Gottschalk: "Ich freue mich auf meine 'Tagesshow' und fühle mich dieser Herausforderung durchaus gewachsen."

(Foto: ddp)

Wie die SZ berichtete, wird Gottschalk von 2012 an für die ARD arbeiten. Er soll eine tägliche Sendung bekommen von Montag bis einschließlich Donnerstag zwischen Soap und Tagesschau: Late Light statt Late Night? Es wird eine One-Man-Show des 61-Jährigen, der ohne Publikum unterhalten und mit der Welt über soziale Netzwerke, Internet, Skype und Telefon interaktiv verbunden sein möchte.

Bereits vor sechs bis acht Wochen soll er der WDR-Intendantin Monika Piel seine Zusage in die Hand versprochen. Piel ist bis Ende 2012 auch Vorsitzende der ARD und schmückt ihre herausgehobene Stellung bereits jetzt mit der populären Personalie: Gottschalk sei "eine stilprägende Persönlichkeit der deutschen Fernsehunterhaltung und eine Bereicherung für das Programm", teilte sie an diesem Freitag mit.

Thomas Gottschalk, der gerade in Malibu ist und von dort seine Entscheidung in den öffentlich-rechtlichen Anstalten bekannt machte, fühlt sich beim neuen Projekt an seine Radio-Anfänge im Bayerischen Rundfunk (BR) erinnert: "Immerhin habe ich insgesamt mindestens zehn Jahre meines Lebens täglich vor dem Mikrofon gesessen", lässt er ausrichten. "Der Ernst des Lebens gehört in die Tagesschau. Aber es gibt ja Gott sei dank neben Politik, Seuchen und Finanzkrisen auch noch den ganz normalen täglichen Wahnsinn. Für den bin ich in Zukunft zuständig. Ich freue mich auf meine 'Tagesshow" und fühle mich dieser Herausforderung durchaus gewachsen."

Vor allem fühlte sich die ARD gewachsen, den ewigen Blonden zu engagieren. Dass für Gottschalk, der außer in Malibu noch in einem Schloss am Rhein residiert, die höhere Gage eine Rolle spielte, darf angenommen werden. Er ist in allem ein großzügiger Mensch - sein Lebensstil ist jedenfalls nicht kostenneutral.

Das größere Risiko

Kostenneutral soll dafür sein Engagement sein, so jedenfalls hat das WDR-Intendantin Piel offenbar intern vorgerechnet. Weil Gottschalk im Werberahmenprogramm zwischen 18 und 20 Uhr zu sehen sein wird, könne mit mehr Werbeeinbuchungen geplant werden.

Was wird Gottschalk verdienen? Nichts ist bekannt, beim ZDF sollen es dreieinhalb Millionen gewesen sein. Vielleicht ist das richtig, vielleicht nicht. Beim Ersten kriegt er sicher mehr. Dass die ARD-Offerte andererseits das größere Risiko beinhaltet, gibt Gottschalk zu. Doch was können außer dem finanziellen Motiv noch Argumente für ihn gewesen sein, dass ZDF zu verlassen?

1982 kam Gottschalk zum Zweiten, er machte sich mit Na sowas! bekannt, leitete nebenher bald auch die BR-Radio-Show und wurde 1987 Showmaster für Wetten, dass ..? 1990 kaufte ihn der damalige RTL-Boss Helmut Thoma ein, und im September 1992 zeigte Gottschalk sich mit einer Late-Night-Show, es war die erste im deutschen TV. Dass er damit nicht als der Unterhaltungskünstler in Erinnerung geblieben ist, der ein US-Genre importierte, hat er nie vergessen. Late Night wird heute mit Harald Schmidt in Verbindung gebracht.

Wer arbeitet nicht im "Ersten"?

Richtig daran ist, dass Schmidt Late Night populär gemacht und eine ganz eigene Klasse entwickelt hat. Gottschalk kehrte 1995 zum ZDF zurück, ein Jahr zuvor hatte er Wetten, dass..? wieder übernommen. Nach dem schweren Unfall des Wettkandidaten Samuel Koch im Dezember 2010 gab er in diesem Februar den Rückzug von Wetten, dass..? bekannt. Sein angekündigter Ausstieg wirkte wie ein Marketingmittel, im Juni schaffte es die Sendung noch einmal auf fast 13 Millionen Zuschauer.

Wenn man sich fragt, wer von den populären Fernsehkünstlern gerade so für das "Erste" auftritt, kann man sich guten Gewissens auf die konzentrieren, die woanders tätig sind. Das sind noch Harald Schmidt, der zu Sat1 zurückkehrt, Jörg Pilawa und Markus Lanz vom ZDF, vielleicht Heidi Klum (Pro Sieben) und Johannes B. Kerner, der bei Sat1 unermüdlich versucht, Publikum zu binden und dabei eine lautlose Erscheinung geworden ist.

Bei der ARD ist es gerade wie beim FC Bayern München: Gekauft und bezahlt wird in großem Stil: Von Herbst an ist Günther Jauch sonntags im Ersten Programm, spätabends werden sich in der Woche die Talkmaster Reinhold Beckmann, Sandra Maischberger, Frank Plasberg und Anne Will ein Rennen um Gäste und Aufmerksamkeit liefern.

In der "Todeszone"

Für die Sportschau wurde Matthias Opdenhövel von Pro Sieben verpflichtet, und beim Eurovision Song Contest kooperierte die ARD zwei Jahre mit Stefan Raab und arbeitet weiter mit Pro Sieben.

Fehlt etwas oder einer? Doch, Kai Pflaume, der 44-jährige Nachwuchsstar. Pflaume hat inzwischen vier oder fünf Shows. Er funktioniert und wird wie Gottschalk bald am frühen Abend in der ARD eingesetzt, der unter Fernsehmanagern als "Todeszone" bezeichnet wird.

Wann Gottschalk im Zeichen der Eins zu sehen ist, steht noch zu klären. Sein ZDF-Vertrag läuft bis Mitte 2012. Gut möglich, dass er den Jahresrückblick im Dezember schon nicht mehr präsentieren wird.

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