Thomas Gottschalk im Gespräch:"Ich habe mir mein Leben immer schönmoderiert"

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Thomas Gottschalk steigt bei "Wetten, dass..?" aus: Im Gespräch mit der SZ erklärt er seinen Schritt, welche Rolle der Unfall von Samuel Koch dabei spielt - und was er sich für die Zukunft vornimmt.

H. Gertz und C. Keil

Eine Stunde nach der Wetten, dass..?-Sendung in Halle an der Saale sitzt Thomas Gottschalk in seiner Hotelsuite. Seine Stimme ist nach beinahe drei Stunden Live-Moderation rau, er hat in einem mit künstlichem Leopardenfell überzogenen Sessel Platz genommen. Mehr als eine Stunde lang erklärt der 60-Jährige im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, wie es zu seiner Entscheidung kam, Wetten, dass..? am Ende des Jahres abzugeben, und was Samuel Koch, der am 4. Dezember schwerverunglückte Kandidat, über seinen Entschluss denkt. Seine Instrumente als Showmaster taugten nach diesem Unfall nicht mehr, sagt Gottschalk.

SZ: Herr Gottschalk, wie geht es Ihnen?

Thomas Gottschalk: Ich neige dazu, mich meistens gut zu fühlen, und die Frage ist für mich als Showmaster hinterher immer die gleiche: Habe ich den ganzen Saft aus der Zitrone gepresst, der drin war? Insofern bin ich zufrieden. Das Schlimmste, was mir hätte passieren können, ist, dass ich zum Einstieg meinen Abschied verkünde und hinterher eine Sendung abliefere, mit der ich beweise, dass der Rücktritt ohnehin überfällig war. Mir ist es umgekehrt lieber. Und wenn man den Maßstab nimmt, was sonst im deutschen Unterhaltungsfernsehen geleistet wird, war das eine Performance, die okay war.

SZ: Waren sie persönlich berührt, als Sie jetzt Ihren Ausstieg erklärt haben?

Gottschalk: Klar, weil ich weiß, dass das ein irreversibler Schritt ist. Das hat mit meiner eigenen Biografie zu tun. Ich habe Wetten, dass ..? alles zu verdanken. Und wenn man umgekehrt den Eindruck hätte, dass die Sendung ihren Erfolg auch mir zu verdanken hat, wäre das schön. Mein Leben wäre ohne Wetten, dass ..? anders verlaufen. Ich hätte nicht die Möglichkeit gehabt, meinen Familienalltag nach Kalifornien zu verlagern, ich hätte mit keiner anderen Show fast ein Vierteljahrhundert durchgehalten. Ich weiß, dass das für mich ein ganz wichtiger Teil meines Lebens war, den ich nun aufgebe.

SZ: Sie haben am Samstagabend, was Sie auch noch nie gemacht haben, den Teleprompter benutzt, um Ihre Erklärung zu verlesen.

Gottschalk: Stimmt. Ich wollte mich in diesem wichtigen Augenblick nicht darauf verlassen, dass mir die richtigen Worte einfallen, wie ich das sonst immer tue. Erstens hatte ich eine Verpflichtung Samuel Koch gegenüber, und ich wollte die Sache kurz, präzise und ohne Peinlichkeiten hinter mich bringen. Das gelingt mir im wirklichen Leben nicht immer, also hab ich vorher ins Unreine gedacht, und es dann formuliert.

SZ: Hatte jemand wie Ihre Frau Thea Einfluss auf Ihre Entscheidung?

Gottschalk: Thea hält sich aus allem Beruflichen zum Glück raus. Ich rede natürlich über alles mit ihr, was mein Leben betrifft. Ich habe auch großes Vertrauen zu ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut. Ich höre diesen Menschen sehr gut zu, aber ich entscheide allein. Ich weiß selbst, was für mich gut ist.

SZ: Wie schwer war es, nach dieser beruflichen Lebensentscheidung in der Sendung die Spannung zu halten?

Gottschalk: Ich kenne das Showgeschäft. Ein Carrell hat sich abgemeldet, ein Kulenkampff hat sich abgemeldet, und niemand hat seinen Fernseher deshalb aus dem Fenster geworfen. Das ist in Ordnung so. Ich weiß genau, das wir alle etwas treiben, was im Grunde keiner braucht. Ich habe mich nie ernster genommen, als es mir zusteht, weder beruflich noch privat. Und insofern ist das nichts Dramatisches, wenn ein Entertainer nach 25 Jahren sagt: Mit dieser Show ist jetzt Schluss für mich.

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