Netflix-Serie:Borat macht Ernst

Netflix-Serie: Ungewohnt ernst: Sacha Baron Cohen als Geheimagent Eli Cohen.
(Foto: Axel Decis/Netflix)

Ungewohnt ernst: Sacha Baron Cohen als Geheimagent Eli Cohen.

(Foto: Axel Decis/Netflix)

(Foto: Axel Decis/Netflix)
  • In "The Spy" spielt Sacha Baron Cohen, der sonst eher für seine Parodien bekannt ist, den Mossad-Spion Eli Cohen.
  • Die sechsteilige Miniserie von Gideon Raff, der bereits Homeland produziert hat, stellt den Werdegang des Spions dar, der in Syrien diverse Staatsgeheimnisse aufdeckte.
  • Cohens Eli ist keineswegs ein James-Bond-Abklatsch. Man sieht ihm die Anstrengung an, die es ihn kostet, seine Lügengeschichten aufrechtzuerhalten - durch Cohens herausragendes Schauspiel.

Von Maresa Sedlmeir

Es ist erstaunlich, wie leicht es einem fällt, Sacha Baron Cohen diese Rolle abzukaufen. Was nicht daran liegt, dass er ein schlechter Schauspieler wäre. Sondern daran, was er vorher gemacht hat: Der Brite hat zuvor vor allem mit seinen Kunstfiguren Aufsehen erregt. Mit Brüno, dem Model mit blonder Föhnfrisur. Oder mit Ali G, der gern Gangsterrapper wäre. Und dann gibt es da noch Borat, den kasachischen Reporter mit Schnauzer und zu weiten Anzügen.

Die Figur, die Baron Cohen in der Netflix-Serie The Spy spielt, hat mit Borat nur noch den Schnurrbart gemein, sie lässt auch keinen Spielraum für Blödeleien: Er spielt den Spion Eli Cohen, der in den Sechzigerjahren für den israelischen Geheimdienst Mossad arbeitete und diverse syrische Staatsgeheimnisse aufdeckte. Hier kann Baron Cohen einfach nur Schauspieler sein.

Die sechsteilige Miniserie von Gideon Raff, der bereits Homeland produziert hat, stellt den Werdegang des jüdischen Spions Eli Cohen dar. Cohen wird vom Mossad ausgewählt, durchläuft ein Trainingsprogramm (Spionieren und Sport) und kommt über Argentinien nach Damaskus. Dort nimmt er die fiktive Identität des Geschäftsmannes Kamel Amin Thaabeth an. Durch eine Mischung aus Ansehen und Anbiederung bringt er es bis zum Minister in Syrien. Seine Frau Nadia (Hadar Ratzon Rotem) lässt er zu Hause in Tel Aviv in dem Glauben, er würde in aller Welt mit Möbeln handeln. The Spy wird aus einer israelischen Perspektive heraus erzählt, die den Agenten Eli Cohen heroischer darstellt, als er es vermutlich im echten Leben war.

Ein ganz leichtes Zucken im Mundwinkel

Sacha Baron Cohens Eli ist keineswegs ein James-Bond-Abklatsch, kein smarter und skrupelloser Perfektionist. Man sieht ihm die Anstrengung an, die es ihn kostet, seine Lügengeschichten aufrechtzuerhalten. Man sieht es in seinem künstlichen Lächeln, das er an- und ausknipsen kann wie einen Lichtschalter. Und man sieht den Schweiß, der ihm auf der Stirn steht, als er ins Militärgebiet mitkommen darf und Zivilisten erschießen soll, "mein Geschenk an Sie", sagt ein Oberst süffisant lächelnd.

Gleich zu Beginn verfolgt man das Ende: Eli Cohen sitzt in einer Zelle, die Fingernägel herausgerissen und das nackte Nagelbett blutrot unterlaufen, sodass es absurderweise an Nagellack erinnert. Man weiß, wie es ausgeht und verfolgt die Miniserie dennoch gebannt, weil sich die Spannung gar nicht so sehr aus dem Spionagefall zieht. Sondern daraus, dass man beobachten kann, was mit einem Menschen passiert, der vorgibt, jemand anderes zu sein. Das spielt Sacha Baron Cohen großartig, durch seine präzise Mimik und Gestik, ein ganz leichtes Zucken im Mundwinkel etwa, blitzt immer wieder ein bisschen Eli in dem großkotzigen Geschäftsmann Kamel auf.

Auch die Dramaturgie überzeugt, der andauernde Ortswechsel zwischen Mossad-Büro, Cohens Wohnung in Damaskus und der seiner Frau in Tel Aviv. Die Geschichten sind geschickt miteinander verwoben, man fiebert bei Nadias Schwangerschaft ebenso mit wie bei den Morsenachrichten an den Mossad.

The Spy, auf Netflix*

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