"The European" bekommt Print-Version:Aus dem Netz aufs Papier

Von wegen Print ist tot: Alexander Görlach entspricht seinen Lesern und veröffentlicht bald zu seiner Website "The European" ein Print-Magazin. Nicht nur, um die Marke zu stärken.

Katharina Riehl

In der vergangenen Woche hat der Guardian seinen Lesern eine Frage gestellt: "Who says print is dead" - Wer sagt, Print sei tot? hieß es im Titel zu einem Text, darin fand sich eine interessante Statistik. Einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte zufolge ziehen 88 Prozent der britischen Leser ein gedrucktes Magazin seiner digitalen Version vor - und, so heißt es im Guardian, die Macher von Online-Magazinen hätten das auch erkannt: Bekannte Websites wie style.com oder net-a-porter.com veröffentlichen inzwischen zusätzlich auch Printmagazine.

"The European" bekommt Print-Version: Überraschende Wende: The European (Screenshot) expandiert von Online auf Print.

Überraschende Wende: The European (Screenshot) expandiert von Online auf Print.

(Foto: Quelle: The European)

Wenn man so will, liegt Alexander Görlach also voll im Trend. Seit September 2009 ist das von ihm gegründete Web-Debatten-Magazin The European online - das "erste meinungsbasierte deutsche Online-Magazin" nennt es die Huffington Post, mit der die Berliner Redaktion seit 2010 kooperiert. 2000 Autoren (Renate Künast, Jörg Armbruster, Olivia Jones - die Liste ist vielfältig) haben nach eigenen Angaben für The European geschrieben. Doch von diesem Herbst an soll es das Web-Magazin auch als Printausgabe geben, viermal im Jahr, mit einer Auflage von 50.000 Stück. Dass ein Internet-Start-Up wie das von Görlach plötzlich auf analoge Präsentation setzt, ist wahrscheinlich nicht genug, um von einer allgemeinen Wende zu sprechen. Überraschend ist es aber schon.

Mit dem Internet noch nicht verbunden

Görlach sagt, man wolle mit dem Magazin noch mal eine ganz andere Leserschaft erreichen als mit dem Online-Auftritt. 140.000 Visits habe die Seite derzeit im Monat - und Görlach glaubt, dass es "sicher viele potenzielle Leser für unsere Debatten", gebe "die mit dem Internet noch nicht so eng verbunden sind".

Soll heißen: Nicht jeder, der gerne lange Debattenbeiträge zu Steuerhinterziehung, zur Linkspartei oder zu Angela Merkels Europapolitik liest, nutzt auch intensiv das Internet, viele mögliche Leser werden dort also nicht erreicht. Und Alexander Görlach sagt: "Die vergangenen Jahre haben schon eine ganz grundsätzliche Erkenntnis gebracht, nicht nur bei uns: Das Leseverhalten im Netz hat sich nicht so entwickelt, wie man das gedacht hatte - dass die Menschen dort immer länger immer kompliziertere Texte lesen." Auch Görlach habe von seinen Lesern die Rückmeldung bekommen, die Inhalte online kaum bewältigen zu können.

Im Guardian heißt es, Web-Magazine könnten mit Printausgaben ihre Marken stärken - für Görlach, dessen Firma 2011 ihm zufolge das ausgegeben hat, was eingenommen wurde, hat das Projekt noch einen direkteren wirtschaftlichen Aspekt: In den Unternehmen gebe es immer noch eine größere Bereitschaft, Werbung im Print zu schalten als online. "Außerdem ist es, gerade in Zeiten mit sinkenden Werbeeinnahmen, wichtig, aus dem Produkt heraus Geld zu erlösen" - die Menschen seien eben eher bereit, für ein gedrucktes Heft zu bezahlen als für ein Online-Angebot.

Die Umsonst-Kultur im Netz, so muss man das verstehen, lässt Medienmacher in Gedrucktes investieren. Dass Print tot sei, erklärt jedenfalls Görlach, das habe er nie gesagt.

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