Streaming:Die Verdorbenen

'The Boys' Ep103 D04 Photo: Jan Thijs 2018

Die Superhelden Queen Maeve (D. McElligott) und Homelander (A. Starr) wollen vor allem: Geld scheffeln.

(Foto: Jan Thijs)

Superhelden, die vor allem Geld scheffeln und es in Nachtclubs bei Orgien verprassen wollen: Eine neue Amazon-Serie will ihr eigenes Genre kritisieren.

Von Luise Checchin

Wenn der Kampf gegen das Verbrechen doch immer so einfach wäre: Gerade sind die Bankräuber mit dem gestohlenen Geldtransporter noch die Straße entlanggebrettert, mit Karacho auf zwei schockstarre Jungs zu, da taucht eine rothaarige Kriegerin auf und stoppt den Wagen. Ein paar vernichtende Strahlenschüsse, dann ein paar Selfies mit den geretteten Jungs.

Superhelden haben in der Serie The Boys, die auf einer Comic-Reihe von Garth Ennis und Darick Robertson basiert, den Status von Mega-Prominenten. Als würde Popikone Beyoncé noch eine Profifußballerinnenkarriere starten und den Welthunger stillen. Die "Sieben", wie die bekannteste Superheldencrew genannt wird, strahlen von Frühstücksflocken, Bierflaschen und Kinoplakaten und plaudern abends in Talkshows über ihre Rettungsaktionen. Allerdings verwandeln sie sich dabei zusehends in korrupte Fieslinge.

Das Wohl der Menschheit liegt ihnen weniger am Herzen als das Geld, das sie scheffeln und anschließend in spärlich beleuchteten Clubs bei Orgien verprassen. Dass hier etwas nicht stimmt, merken schnell auch die beiden Hauptfiguren der Serie. Die Nachwuchs-Superheldin Starlight (Erin Moriarty), gerade erst in die "Sieben" aufgenommen, wird von einem Kollegen sexuell belästigt. Und der normalsterbliche Hughie (Jack Quaid) muss mit ansehen, wie seine Freundin aus Unachtsamkeit von einem Superhelden brutal in Stücke gerissen wird. Aus Rache tut er sich mit Gleichgesinnten zu den titelgebenden "Boys" zusammen - um den Machenschaften der "Sieben" ein Ende zu setzen.

Moralisch integre Außenseiter kämpfen gegen eine durchtriebene Machtelite: The Boys möchte ganz augenscheinlich eine Meta-Serie sein, die das Ausmaß des realen, nicht enden wollenden Hollywood-Superhelden-Franchise aufspießen und nebenbei noch Kritik an der Unterhaltungsindustrie üben will. Leider scheitert sie in beiden Aspekten an akuter Einfallslosigkeit. Das Sexismus-Motiv etwa durchzieht zwar die Serie: Starlight verhindert eine Vergewaltigung und wird zu Vermarktungszwecken in ein freizügiges Superhelden-Outfit gezwungen. Diese Momente setzten allerdings nur auf oberflächliche Schockeffekte.

Was in Starlight vorgeht, scheint die Serienmacher wenig zu interessieren - im Gegensatz zur Gefühlswelt ihres männlichen Pendants Hughie, die sorgsam ausgeleuchtet wird. Auch sonst krankt die Serie an einem Mangel an Differenziertheit. Es gibt Gute und Böse und dazwischen wenig. Damit ist The Boys genau das, was die Serie zu kritisieren meint: Ein weiterer, wenig origineller Versuch, mit Superhelden Geld zu verdienen.

The Boys, ab dem 26. Juli bei Amazon Prime.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: