Telekom will TV-Gewohnheiten aufzeichnen:Was sie sehen wollen

Welche Sendungen kommen an und wann wird der Fernseher einfach abgeschaltet? Die Telekom möchte wissen, was an ihrem Angebot "Entertain" gefällt - und dafür die Sehgewohnheiten ihrer Abonnenten aufzeichnen. Aber darf sie das auch?

Benjamin Zeeb

Beim Versuch, sich auf dem Fernsehmarkt zu etablieren, musste die Deutsche Telekom zuletzt Rückschläge verkraften. Als die DFL im April ihre Übertragungsrechte versteigerte, ging Europas größtes Telekommunikationsunternehmen leer aus, für die Rekordsumme von 486 Millionen Euro sicherte sich Sky Deutschland die Pay-TV Lizenzen für die Fußball- Bundesliga.

Bei T-Entertain, der IPTV-Sparte des Konzerns, musste man sich dann die Frage gefallen lassen, wie man die etwa 1,5 Millionen Abonnenten ohne Liga Total bei der Stange halten wolle. Telekom-Manager Illek sagte damals, nur etwa zehn Prozent der Entertain-Kunden seien wegen des Fußballs dabei. 90 Prozent, so kann man das verstehen, schätzen also andere Dinge am Entertain-Programm.

Kritik folgt prompt

Von Nutzen könnte es da sein zu erfahren, was genau ihnen am kostenpflichtigen Angebot der Telekom gefällt, welche Sendungen sie sehen, und wann sie die TV-Geräte an- und wieder ausschalten. Um das herauszufinden, will die Telekom nun das Fernsehverhalten ihrer Kunden aufzeichnen. Den Abonnenten gingen in den vergangenen Tagen E-Mails und Briefe zu, die sie dazu auffordern, das Unternehmen bei der "Optimierung des Entertain-Programms" zu unterstützen.

Die Maßnahme stehe in keinerlei Zusammenhang mit den Fußballrechten, sagt Telekom-Sprecher Dirk Wende auf Anfrage. Die Erhebung der Nutzungsdaten wäre in jedem Fall durchgeführt worden. Ziel sei die Verbesserung des Angebots etwa durch Anpassung und Strukturierung der Senderauswahl anhand der Kundenwünsche oder die Erhöhung der Benutzerfreundlichkeit des Menüs. Wer an der Erhebung nicht teilnehmen will, mit der die Telekom am 16. Juli beginnen wird, könne die Funktion an seinem Media Receiver selbstständig deaktivieren. Hierzu habe man mit der Kundeninformation eine Handlungsanweisung verschickt.

Kritik folgte dennoch prompt, von Thilo Weichert, dem Landesbeauftragten für Datenschutz Schleswig-Holstein. Das Vorgehen des Unternehmens, so Weichert zur SZ, sei wahrscheinlich ein Verstoß gegen das Telekommunikations-, in jedem Fall aber einer gegen das Telemediengesetz. Ob diese Einschätzung zutrifft, müssen Experten klären. Unklar findet Weichert, welches Gesetz einschlägig ist, je nachdem, ob man das Angebot von T-Entertain als klassisches Fernsehprogramm betrachtet oder nicht.

"In der Vergangenheit stets einen sehr sensiblen Umgang gepflegt"

Selbst wenn es sich bei dem Dienst der Telekom um ein Inhaltsangebot und damit einen Telemediendienst handle, was Weichert bezweifelt, müsste, so der Datenschützer, eine deutliche Aufklärung sowie die Möglichkeit zum Widerspruch direkt in den Dienst integriert werden. Fände das Telekommunikationsgesetz Anwendung, wäre es sogar notwendig, die Zustimmung der Kunden einzuholen - ein reiner Verweis auf das Widerrufsrecht reiche dann nicht aus. Weichert fürchtet, die Telekom könnte die Daten möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt zweckentfremden, sie etwa zu Werbezwecken nutzen.

Bei der Telekom hält man solche Sorgen für absurd: Man habe keine Intention, jetzt oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt die erhobenen Daten für die Werbung zu nutzen. Dass dem Unternehmen, das "in der Vergangenheit im Bezug auf den Datenschutz stets einen sehr sensiblen Umgang gepflegt" habe, eine unlautere Absicht unterstellt werde, sei unverständlich, zudem seien die Pläne bereits frühzeitig dem Bundesdatenschutzbeauftragten vorgelegt worden, für das "TV-Produkt Entertain" sei selbstverständlich das Telemediengesetz maßgeblich.

Weichert sagt, man müsse sich stets das große Potenzial der sehr privaten Fernsehdaten vor Augen halten und beachten, dass die Telekom zu einem späteren Zeitpunkt ihre Handhabe der Daten relativ unkompliziert ändern könne. Den Kunden von T-Entertain jedenfalls rät Weichert, von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen.

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