"Tatort" Wien:Bibi und Bubi

"Tatort" Wien: Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser).

Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser).

(Foto: Felix Vratny/ORF/ARD Degeto/dpa)

Im spannenden Wiener "Tatort" " Azra" fliegt eine V-Frau bei der Mafia auf, weil Moritz Eisner sich zum Trottel macht. Fremdscham bis zum Schluss.

Von Claudia Tieschky

Am Pfingstmontag geht es zwischen den beiden ambitionierten Tatorten aus München vorige Woche und aus Franken in der kommenden mal kurz nach Wien. Und da ist es eben so, dass Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Majorin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) einfach nur einen Gang entlangzugehen brauchen und nicht mal das langweilig ist. Vermutung: Hat damit zu tun, dass die beiden echte Freunde sind. Obwohl, natürlich auch Einzelgänger, aber anders als sonst in Fernsehkommissariaten. Zweinzelgänger sozusagen. Wenn sich die Türsteherin eines Nachtclubs der georgischen Mafia, vor dem ein Toter liegt, vor Eisner aufpflanzt und sagt: "Schau, Bubi, du machst deinen Job und ich meinen", dann ist Fellner gerührt: "Hat die dich gebubit?"

Ungemütlich wird es, als Eisner vor Morgengrauen verdattert in Fellners Tür steht

Die Folge "Azra" von Dominik Hartl (Regie) und Sarah Wassermair (Drehbuch) arbeitet mit dem klassischen Motiv einer Clan-Erzählung, von Corleone bis Hamady: Das Familienbusiness hat den Punkt erreicht, an dem man an einem ehrbaren Ruf arbeitet, an einem Netzwerk in Gesellschaft und Politik. Oder wie es einer im Revier ausdrückt: Wenn dich jemand um 200 Euro bescheißt, ist es ein Verbrechen, bei 200 000 Euro ist es Politik. Der Tote jedenfalls ist der Bruder von Familienoberhaupt Beka Datviani (Lasha Bakradze), und die Brüder lagen, wie es sich für einen seriösen Mafia-Film gehört, im Streit.

"Tatort" Wien: Azra (Mariam Hage) steigt von der Türsteherin zur Leibwächterin des Datviani-Chefs auf.

Azra (Mariam Hage) steigt von der Türsteherin zur Leibwächterin des Datviani-Chefs auf.

(Foto: ARD Degeto/ORF/Felix Vratny)

Natürlich ist es kurios, dass die Georgier zwar viel Georgisch sprechen, aber zufällig dann, wenn der Zuschauer mitkriegen muss, was los ist, ins Deutsche wechseln. Dass die Episode trotzdem spannend ist, liegt daran, dass Eisner etwas zum Fremdschämen Dummes tut, und die freche Türsteherin Azra, in Wahrheit V-Frau, nicht mehr zu finden ist. Als Eisner vor Morgengrauen ganz verdattert über sich selbst bei Fellner in der Tür steht, wird es ungemütlich, für alle.

Was folgt, sieht aus, wie im Krimi eben die Fahndung nach einer Kollegin in Lebensgefahr aussieht. Aber in den Luftkammern der Bilder ist Eisners Scham miterzählt. Das alles hätte man ihm nicht zugetraut. Und an dieser Stelle kommen Zweifel am Plot: daran, dass Eisner diese Azra (Mariam Hage), ein Junkie-Kind, das er vor Jahren von der Straße weg rekrutiert hat, gegen alle Absprachen reingehen ließ zu den gefährlichen Datvianis. Weil sie brennt auf diesen Einsatz, weil sie drängt, quengelt, schimpft und das Schlimmste: sein Vertrauen in sie infrage stellt. Aber wenn ein Fall nach 75 Minuten gelöst ist, dann ist das Ende nicht das Ende.

Das Erste, Montag, 20.15 Uhr.

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