Tatort aus Wiesbaden:Hotel Karma

Tatort aus Wiesbaden: Felix Murot (Ulrich Tukur) war mal jung. Jetzt fragt er sich plötzlich, was aus der Frau auf dem Foto geworden ist.

Felix Murot (Ulrich Tukur) war mal jung. Jetzt fragt er sich plötzlich, was aus der Frau auf dem Foto geworden ist.

(Foto: Bettina Müller/HR)

Felix Murot ermittelt in einer IT-Firma und jagt eine Diebin, die ihn aus schicksalshaften Gründen interessiert.

Von Claudia Tieschky

In diesem Tatort mit Ulrich Tukur als Ermittler Murot geht es um die Jagd nach brisanten Daten einer IT-Firma - und es ist ein ziemlich gutes Zeichen für die Überzeugungskraft des Films, dass einem erst nach Längerem die Frage dämmert, warum jemand für so einen Transfer heute eigentlich noch einen ganzen Laptop übergeben sollte. In einer Ledertasche. Vielleicht aus Stilgründen.

Große Teile der Wiesbadender Episode "Murot und das Gesetz des Karma" spielen in einem Luxushotel und in Murots Befindlichkeit, beides hat ungefähr die gleiche teppichgedämpfte Surrealität halb jenseits der Wirklichkeit - in der Musik würde man vielleicht vom Murot-Akkord sprechen. Der allergrößte Musikliebhaber aber ist hier der böse Handlanger des Firmenbosses; die Konzertübertragung im Hotelfernseher reißt ihn mitten bei der Arbeit zu großen Gefühlen hin ("Das ist großartige Musik!"), gleichzeitig erstickt er jemanden.

Und direkt aus der deutschen Romantik entliehen ist das ländliche Nest, in dem zwei junge Frauen die Beute von Raubzügen im Hotel horten und in ansonsten diebischer Freiheit leben. Männer an der Hotelbar werden da schnell Opfer durch K.-o.-Tropfen, schambehaftet, Murot auch. Zur Beute der Diebinnen gehören irgendwann der Laptop und Murots Führerschein mit seinem Foto als junger Mann. Dieses alte Bild bringt dann die eigentliche Story in Gang. Die Geschichte ist schnell interessant, sie hat Tempo und manchmal auch Komik, und speziell Bauchredner sind einem hinterher sehr unheimlich.

Tatort aus Wiesbaden: An der Bar fängt vieles an: Eva (Anna Unterberger) und Murot.

An der Bar fängt vieles an: Eva (Anna Unterberger) und Murot.

(Foto: HR/HR)

Das Vorleben des Kommissars kreuzte seine Fälle schon öfter, am heftigsten in der legendären Episode "Im Schmerz geboren". Diesmal deuten körnige Filmbilder aus glücklichen Tagen in Griechenland eine Romanze des jungen Murot an, deretwegen er sich jetzt um sein Karma sorgt und - so viel Pragmatismus muss sein - verstohlen einen Vaterschaftstest veranlasst. Außerdem rät ihm der Arzt zum Joggen, was ein neues Outfit möglich macht. Mit anderen Worten, Murot ist auf die für ihn typische Art faszinierend mit sich selber beschäftigt und gleitet durch den Krimi wie ein Conferencier, halb schwebend, halb strauchelnd. Man kann nicht oft genug sagen, wie wertvoll die Kollegin Wächter (Barbara Philipp) an seiner Seite ist, die ihn in die Wirklichkeit zurückschnauzt: "Murot, was is'n mit Ihnen los, muss ich denn jetzt alles alleine machen?"

Eine andere Person mit hohem Realitätssinn ist in diesem sehr souveränen HR-Tatort (Regie Matthias X. Oberg, der mit Lars Hubrich auch das Buch schrieb) der Firmenchef Schöller; Philipp Hochmair spielt ihn mit einer das Brutale athletisch umtänzelnden Verbindlichkeit. An der Karma-Bar im Hotel trifft man diesen Typen eher nicht.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr

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