Die Erkenntnis:
Münster schafft es, egal aus welchem Sujet Klamauk zu machen. Ein Großteil des Publikums ist davon begeistert, originell ist es jedoch nicht. Ob Jagdsetting, Tanzmilieu oder nun die Kunstwelt - der Mordfall an sich spielt bei Thiel und Boerne kaum noch eine Rolle. Alles wird um die Gags und Pointen der beiden Protagonisten gesponnen und jeder Kalauer mitgenommen. Warum sonst heißt ein Künstler in "Gott ist auch nur ein Mensch" ausgerechnet G.O.D., ausgesprochen natürlich mit Doppel-T?
Darum geht es:
Münster steht kurz vor der Eröffnung der Internationalen Skulptur-Tage. Allerdings bergen einige Kunstwerke Leichen in sich. In einer Clownsfigur steckt ein lebloser Pädophiler, ein ermordeter Internet-Hetzer wird samt Ghandi-Gedicht in einem Schlauchboot inszeniert - und in einem Pappmaché-Sparschwein haben Unbekannte einen toten Steuerhinterzieher deponiert. Boerne wird zwar zum Meisterschüler des Künstlers G.O.D. und frönt als Hobbykünstler seiner Selbstverliebtheit. Nebenbei gewinnt er aber auch erhellende Einblicke ins Kunstmilieu.
Bezeichnender Satz:
Als Kuratorin Nika Wenger klar wird, dass ihr Sohn Roland die Leichen in Skulpturen gepackt hat, kommentiert sie trocken:
"Wenn G.O.D. es tatsächlich gemacht hätte, wäre es große Kunst gewesen. Aber Roland."
Bester Auftritt:
Ausladende Gesten, blasiertes Vokabular und pathetisches Philosophieren: Aleksandar Jovanovic spielt den Künstler G.O.D. rätselhaft, arrogant und unverschämt. Und nah an der ironischen Überzeichnung. Aber er bietet Boerne Paroli. Als Einziger. Als Boerne etwa die Urheberrechte für ein Kunstwerk beansprucht, haut ihm G.O.D. ein schlichtes "Verpiss dich" hin. Und als Boerne seine Assistentin Alberich mal wieder mit unpassenden Bemerkungen über ihre Körpergröße traktiert, fragt G.O.D. unbedarft: "Bist du eigentlich immer so ein Arschloch?" Intellektuell und ordinär - diese beiden Register machen die Figur interessant.
Aber da wären noch die Flops ...
Flop I:
Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass den Münsteraner Machern die Handlung zunehmend egal ist. Außer dem gelungenen Kammerspiel "Feierstunde" aus dem vergangenen Jahr, dreht sich jeder Tatort mit Thiel und Boerne ausschließlich um das Klamauk-Duo. Boerne ist stets persönlich ins Thema involviert, mal ist er Hobbyjäger, jetzt Hobbykünstler. Sein überhebliches Geschwafel bleibt dasselbe. Thiel hält als liebenswürdiger Prolet dagegen. Ausbrechen aus diesem Schema scheint keine Option zu sein, dann wären ja alle Gags dahin. Vaddern ist ewig bekifft, Alberich kriegt von Boerne diskriminierende Sprüche über ihre Körpergröße zu hören. Bei aller Blödelei bleibt kein Platz mehr für einen sinnvollen Plot. Und dieses Prinzip verfolgen die Macher seit nunmehr 15 Jahren.
Flop II:
Thiel und Boerne als Karikaturen ihrer selbst zu skizzieren, ist das Eine. Aber auch die Nebenfiguren sind völlig überzeichnet. Da wäre die arrogante Kuratorin mit extravaganten Ohrringen und Outfits in Knallfarben. Da wäre deren hyperaktive Kuratorinnentochter, die Thiel angeblich schon seit ihrer Kindheit kennt, und der Kuratorinnensohn, der völlig verstockt im Schatten von Schwester und Mutter steht. Dazu eine Vaginalfilmkünstlerin, einer, der fatalistisch alles Weltliche negiert und ein notorischer Schweiger, die dem Klischee vom Künstler entsprechen sollen. Leider haben sie alle, überzogen wie sie sind, zur Handlung im Tatort wenig beizutragen. Außer, dass sie einem ziemlich auf die Nerven gehen.
Die Pointe:
Im Gegensatz zum platten Rest des Films ist der Schluss ziemlich kreativ. Boerne und Thiel fachsimpeln im Cabrio über das Kunstwerk, das der Künstler Jan Christowski in seinem silbernen Koffer versteckt hatte. Blick aus der Vogelperspektive, Cut. Dann klappt der Darsteller und real existierende Künstler Christian Jankowski seinen Koffer - mit Thiel und Boerne darin - zu. Und fragt die Zuschauer: "Und? War das jetzt Kunst?" Nein, möchte man antworten. Das kann weg.