"Tatort" aus Ludwigshafen:Das Leben des Brain

'Tatort: Maleficius' im Ersten

Ludwigshafener "Tatort"-Komissare Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter).

(Foto: dpa)

Der Tatort "Maleficius" will aktuelle Debatten um künstliche Intelligenz nach Ludwigshafen holen. Er beginnt gewaltig - und scheitert.

Von Cornelius Pollmer

Als Zuschauer des Tatorts ist man immer auch selbst Ermittler, und ganz am Anfang steht jedes Mal dieselbe Frage: Wo möchte ich heute Abend zwischen 20.15 Uhr und 21.45 Uhr gewesen sein? Die Antwort für diesen Sonntag lautet: nicht unbedingt vor dem Fernseher. Der Film "Maleficius" aus Ludwigshafen (Buch und Regie: Tom Bohn) beginnt gewaltig. Ein futuristischer OP-Saal ist zu sehen, dazu wummern minimalistische Jetzt-wird's-spannend-Beats, und über alldem spricht Heinz Hoenig aus flambierter Kehle: das Vaterunser. So ein Entree weckt Erwartungen, aber dann steht Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) doch wieder nur am Ufer des Rheins, vor ihr ein einsamer Rollstuhl in knöcheltiefem Wasser, und sagt, was alle sehen: "Hier stimmt was nicht."

Leider stimmt auch mit diesem Tatort nicht alles und dies wiederholt. Autor Bohn hat in Ludwigshafen in der Vergangenheit schon ufologisch gearbeitet und Kampfdrohnen fliegen lassen. Auch "Maleficius" bekommt ein Thema, das zu groß ist für ein Format wie den Tatort, das nicht nur in seiner Sendezeit limitiert ist. Das Thema lautet Transhumanismus, der im Wortsinne exaltierte Forscher Professor Bordauer (Sebastian Bezzel) pflanzt irgendwie Bedürftigen Platinen in den Kopf, und bei diesen Bedürftigen wird dann entweder manches besser oder alles schlimmer.

Autor Bohn will aktuelle Debatten um künstliche Intelligenz und Deus ex Machina nach Ludwigshafen holen, aber schon die ethische Dimension ist eine, an der dieser Film zwangsläufig scheitern muss - und auch die Verbindung ins Milieu der lokalen Tuning-Szene ist etwas gewagt. Dem Zuschauer wird erklärt, die einen frisierten das Hirn, die anderen eben ihre Autos, aber über diese Wortklauberei hinaus bleibt vieles unverbunden in diesem Film. Die Spezialklinik blendet in Weiß und scheint eine Mischung aus Apple-Showroom und Jason-Bourne-Geheimlabor zu sein. Die Tuning-Szene muss man sich vorstellen wie Tim Wiese, aber als Gruppe. GTA trifft E. T. A., im Sinne von Hoffmann, aber der Sandmann kommt dann leider erst einmal nur in Gestalt einer gewissen Müdigkeit beim Zuschauen.

"Sie müssen", sagt Professor Bordauer über seine Platinen, "sich das vorstellen wie einen Herzschrittmacher, nur fürs Brain." Wer da noch weiterschaut, sieht ganz am Ende eine Szene, die gut zum gewaltigen Anfang passt. Und die gerade dadurch beweist, wie durchschnittlich der von beidem eingefasste Normal-Tatort dazwischen geraten ist.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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