Süddeutsche Zeitung

Tatort - Kolumne: Folge 10:Konschtanz

Sagenhaft deprimierend, dieser "Tatort" vom Bodensee: Ein Film, in dem einem nichts - kein Mensch, kein Haus, kein Raum - ans Herz wächst.

Alexander Gorkow

Der Tatort vom Bodensee ist sehr erfolgreich. Fernsehredakteure freuen sich, dass er "viele Zuschauer geriert". Man fragt sich, dies bedenkend, wie entsetzlich traurig "viele Zuschauer" sein müssen.

In dieser Folge des Bodensee-Tatorts sieht alles noch deprimierender aus als in den anderen: die Verdächtige, deren fahles Sosein ein Rätsel bleibt, das küchenstudioartige Kommissariat, dann eine völlig groteske und krematoriumshafte Bar, in der sich scheintote Paare am helllichten Tag vor Kaminfeuer zu staubfreiem Brönner-Jazz wiegen wie Bambus im Wind.

Beamte sagen, wenn sie ans Telefon gehen: "Kripo Konschtanz". Das muss man schaffen, einen Film zu drehen, in dem einem nichts - kein Mensch, kein Haus, kein Raum - ans Herz wächst. Sogar der in der Gegend herumliegende See schaut aus wie ein Loch mit sterilem Bügelwasser. Armer, entseelter Südwesten!

Es geht übrigens um Sadomaso im Internet. Als Klara Blum den Tatort aufsucht und auf den Mann von der Spurensicherung zuläuft, wettet die Ehefrau des Rezensenten, dass die Kommissarin jetzt fragen wird: "Was ist passiert?" Der Autor wettet mit, ja, dies wird die erste Frage sein. Dann fragt Klara Blum . . . ach, egal.

Herrschaftszeiten, es ist wirklich sagenhaft deprimierend.

Sonntag, ARD, 20.15 Uhr

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Quelle:
SZ vom 26.03.11/fort
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