Süddeutsche Zeitung

Tatort-Kolumne 14:Trauttmansdorff

Zum Lachen bitte nicht in den Keller gehen: Der neue "Tatort" aus Münster ist geschnitzt wie ein Kinderfilm. Eine hochkomische Tragikerin wie Trauttmansdorff und ein heiterer Jan Josef Liefers vergoldet diese Farce zum Film.

Alexander Gorkow

Dieser Tatort aus Münster macht aus den blöden Formatvorgaben das Beste. Zum Beispiel spielt Jan Josef Liefers nicht, wie oft, seine lustige Janjosefliefershaftigkeit im Subtext mit, sondern er fügt sich ein in ein heiteres Ensemble von prominenten Bühnengrößen (wie Lambert Hamel), das in der Regie Matthias Tiefenbachers eine Geschichte von Matthias Vattrodt erzählt: die vom toten Mann in der korruptionsanfälligen Provinz.

Kameramann Martin Farkas hat das in tiefe und extrem detailverliebte Bilder getaucht. Natürlich ist die Geschichte tatortgemäß geschnitzt wie ein Kinderfilm, aber lange nicht hat man eine herrlich dreiste Arschgeige gesehen wie den Kartoffelkönig Lüdinghaus, den Michael Wittenborn ganz präzise nebenbei spielt - als habe er selbst bis gerade eben noch in der örtlichen Mafia gedient.

Tiefenbacher entkommt der Enge des Formats durch Witz, zum Beispiel auch durch den des Lakonikers Axel Prahl als Kommissar.

Umwerfend ist - schon wieder - Victoria Trauttmansdorff. Die von ihr gespielte Unglücksehefrau ist in sensationell kontrollierter Strammheit dem Alkohol anheimgefallen. Die Uhr befindet sich bei dieser Frau stets auf kurz vor zwölf. Eine so doppelbödige und hochkomische Tragikerin wie Trauttmansdorff vergoldet diese Farce zum Film. Ansehen. Und zum Lachen bitte nicht in den Keller gehen.

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Quelle:
SZ vom 30.04.2011
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