Süddeutsche Zeitung

"Tatort" aus Köln:Ballauf und Schenk erzählen vom Krieg

  • Der neue Tatort kommt in dieser Woche aus Köln.
  • Es geht darin um die Entschärfung einer Fliegerbombe, bei der der Sprengmeister stirbt.
  • Leider ist "Bombengeschäft" ein komplett ungefährlicher Durchschnittskrimi geworden.

Von Cornelius Pollmer

Folge 12/2019, Kommissare: Ballauf/Schenk

Als die Kommissare Ballauf und Schenk ihren Dienst für den WDR antraten, hieß der Bundeskanzler Kohl, standen die Winterspiele in Nagano bevor und rechnete niemand in Deutschland den Spritpreis in D-Mark um, denn in genau dieser Währung wurde er noch aufgerufen. Ballauf und Schenk sind so lange dabei, dass man sagen kann: Der wahre Konstanz-Tatort kommt aus Köln. Sie sind so lange dabei, dass absolut nichts Neues mehr über sie und zu ihnen gesagt werden kann, weil schon die Etrusker alles über sie und zu ihnen gesagt hatten und zwar mehrfach. Ballauf und Schenk sind so lange dabei, dass sie einem vorkommen wie der entfernte Onkel Hartbert, der bei jeder Familienfeier grau an der Hufeisenformation sitzt und dort aber leicht übersehen wird, leicht im Sinne von: gerne.

Die berechtigte Sorge bei Onkel Hartbert ist immer: Gleich erzählt er wieder vom Krieg. Und vom Krieg erzählt auch dieser schon zweite Fall aus Köln in diesem Jahr. Zunächst ist ein Püffchen zu hören, eine Art Fliegerbombenpups, und Peter Krämer vom Kampfmittelbeseitigungsdienst Rheinland sagt glücklich: "Das war's." Kurz darauf ist ein sehr lauter Puff zu hören, und die Kollegin von Krämer flüstert schreckensstarr ins Dienstzimmer: "Peter!?" Das war's nämlich noch nicht gewesen, stattdessen hat ein Kampfmittel nun Peter Krämer vollumfänglich beseitigt und dies, so viel ist bald klar, nicht zufällig. Deswegen kommen Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) hinzu und beginnen, diesen Fall zu bearbeiten. Dass sie ihn gewissermaßen entschärfen würden, lässt sich nicht sagen. "Bombengeschäft" (Buch und Regie: Thomas Stiller) ist ein komplett ungefährlicher Durchschnittskrimi, bisschen langweilig, aber nicht so arg, dass man die Kraft aufbrächte, sich darüber auch noch aufzuregen.

Die sehr klassische Erzählstruktur ließe dem Zuschauer Luft, sich auf die Figuren näher einzulassen. Der Film aber lässt dies nicht zu. Schade. Die Witwe Krämers sagt ja nicht, ihr Mann und sie hätten einander im Internet gefunden. Sie sagt "Bosnien ... er hat da Minen entschärft". Diese Liebe aber wird nur anerzählt, wie vieles andere auch: Sehnsucht nach Vaterliebe, Sehnsucht nach Zuneigung durch die Kollegin, Sehnsucht nach Trost und Schoßwärme in einer Nacht, die vom Ablicht der Spielautomaten nur kalt erhellt wird. Ebenfalls bloß anerzählt wird die Rahmenhandlung, ein Immobilienprojekt, das ist fast schon wieder stimmig, denn der Rahmen sind Ballauf und Schenk ja längst selbst und man weiß als Zuschauer da gar nicht immer so genau: Mochte man die beiden eigentlich oder hat man sich nur an sie gewöhnt?

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Quelle:
SZ vom 30.03.2019/luch
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