Tatort Köln:"Ist er irre, ist er ein Clown?"

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Präsenter als im letzten Fall: die Kommissare Freddy Schenk (Dietmar Bär, l) und Max Ballauf. (Foto: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas)

Die Ermittler Schenk und Ballauf zu Wasser: In "Hubertys Rache" bringt ein Geiselnehmer ein Ausflugsschiff auf dem Rhein in seine Gewalt.

Von Claudia Fromme

Wenn Köln am Drücker ist, sind die Zutaten klar: Die Kommissare sind maximal involviert, der Rhein ist maximal schön. Und am Ende geht es um höhere Gerechtigkeit, ein Relevanzproblem hatte der Kölner Tatort noch nie. Einen großen Happen Moral will in der Episode Hubertys Rache auch ein gewesener Gymnasiallehrer für sich beanspruchen. Er wurde wegen Missbrauchs einer 14-jährigen Schülerin in den Knast geschickt, verlor seine Arbeit, seine Wohnung, seine Familie. Nun sollen alle büßen, alle in einem Boot. Daniel Huberty (Stephan Kampwirth) bringt also ein Ausflugsschiff auf dem schönen Rhein in seine Gewalt. An Bord sollen die fünf Menschen gebracht werden, die sein Leben zerstört haben: die Mutter der Schülerin, seine Ex-Frau, ihr neuer Mann, sein alter Vermieter und die Staatsanwältin, die schon auf dem Boot ist.

Die Polizeiarbeit spielt in diesem Psychodrama eine eher untergeordnete Rolle

Jetzt hat Huberty die Macht, jetzt müssen die Idioten ihm zuhören. Auch die vom Junggesellenabschied, die Hoodies tragen, auf denen steht: "Mein letzter schöner Tag". Die anderen sollen ihre Einschätzungen von damals revidieren, und Huberty schickt Videos ihrer Beichten in die sozialen Medien. Er will öffentlich rehabilitiert werden und vorgeben, wie sein Fall zu lesen ist: War doch Unrecht, war doch Liebe zu dem Mädchen. Nichts anderes. Die Bombe tickt. "Ist er irre, ist er ein Clown?", fragt Kommissar Freddy Schenk (Dietmar Bär). Sein Kollege Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) begibt sich dahin, wo es richtig wehtut, woraufhin Schenk leidet wie ein Tier. Die ersten verlieren die Nerven, der Geiselnehmer hat den Kapitän an die Brücke gefesselt, trotzdem hat der die Courage, ihm zu attestieren, dass er ein gemeines Arschloch sei.

Der Film von Marcus Weiler nach dem Drehbuch von Eva Zahn und Volker A. Zahn ist spannend bis zum Schluss, Psychodrama und Krimi halten sich die Waage, der Protagonist spielt seine Rolle des gekränkten Narzissten unfassbar gut, die Kommissare sind präsenter als im letzten Fall. Kurz abgelenkt ist man als Zuschauender, weil die Polizeiarbeit derart der Dramaturgie untergeordnet ist, dass sie dilettantisch wirkt. Eine arme Wurst kapert ein Schiff auf dem übersichtlichen Rhein, und keiner kann sie stoppen? Einen traumatisierten Menschen nutzt die Polizei wirklich als Lockvogel? Kleine Abzüge in der B-Note, ansonsten: groß wie immer.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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