Süddeutsche Zeitung

"Tatort" Köln:Eine Wasserleiche und viel Gerede

Im Kölner "Tatort" wird ein Toter wird aus dem Rhein gezogen. Am spannendsten ist das Gurren der Tauben.

TV-Kritik von Holger Gertz

Nach einem Jahr der Experimente endet das Tatort-Jahr mit einer Art Doppelschlag, es ist, als wollten sie beim Fernsehen noch einmal das feiern, was möglich ist, in beide Richtungen, das Experimentelle wie das Traditionelle.

Für das Traditionelle sind mal wieder die Freunde aus Köln zuständig, die Kommissare Ballauf und Schenk (Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär). Da wird ein Toter aus dem guten alten Rhein gezogen, es folgt die Erkundigung nach dem Todeszeitpunkt. Dann: angestrengte Beugerei über eine Wasserleiche, und gleich am Anfang macht Freddy Schenk eine Andeutung: "Ich hab das Gefühl, ich kenn' den."

Herrlich auch: wie die Krähen rufen, immer in dem Moment, wo die Ermittler an einer wichtigen Tür klingeln. Klassikersätze: "Ruf mal die Spurensicherung an." "Klingel noch mal." "Wann haben Sie denn Herrn Lessnik zum letzten Mal gesehen?" Spannung ergibt sich aus dem Gurren der Tauben aus dem Off, man fragt sich, warum die so gurren, und ob man bald eine der Tauben sogar sehen kann.

Viel Gerede statt packender Bilder

Die Geschichte um die Suche nach einem Mann, der längst für tot erklärt worden ist, schleppt sich so dahin. Es wird ermittelt, wer wann um wie viel Uhr angerufen hat, Freddy will noch mal die Spurensicherung. Wie erzählt man eine gute Geschichte? "Show, don't tell", sagen die Amerikaner.

Das Stück von Dagmar Seume (Buch: Jens Maria Merz) erklärt sich kaum über Szene und Bild, vor allem über Gerede, Floskeln aus dem Ermittlerfragenkatalog. "Jetzt rat' mal, wem der Wagen gehört?" Oder: "Präzise geplant. Aber vor der letzten Bande haben sich unsere Laufwege dummerweise gekreuzt." Wie man halt in echt so spricht.

Man braucht viel Energie, um das durchzuhalten, daher ein Alternativvorschlag. Bei Youtube gibt es den Tatort "Borowski und der Himmel über Kiel", einen der besten dieses Jahres. Hat eine Geschichte, und eine Geschichte hinter der Geschichte. Und eine tolle Hauptdarstellerin. Krähengeräusche kommen auch vor, aber die macht Borowski selbst.

ARD, Samstag, 20.15 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 24.12.2015/fela
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