Tatort Kiel "Borowski und der freie Fall":Eher so wie Peer Steinbrück

Es geht um einen toten Autor und im weitere Sinne um den Tod von Uwe Barschel damals in Genf. Diese Idee verdient erst mal Respekt. Aber Borowski und Brandt tappen im neuen "Tatort" aus Kiel auf Holzfüßen durchs Panorama und sind kaum wiederzuerkennen.

Holger Gertz

Borowski ermittelt zum Tod Uwe Barschels

Axel Milberg als Hauptkommissar Klaus Borowski und Sibel Kekilli als Sarah Brandt in dem Tatort "Borowski und der freie Fall" von Eoin Moore.

(Foto: Norddeutscher Rundfunk)

An diesem Tatort kann man sehr schön erkennen, wie wichtig das Drehbuch ist. Wenn der Autor Sascha Arango für die Kieler Ermittler schreibt, entstehen in der Regel bemerkenswerte Episoden. "Die Frau am Fenster". Zuletzt "Der stille Gast" mit dem Postboten, der sich in die Leben seiner Opfer schleicht: Fans werden sich erinnern. Arango schreibt seinen Schauspielern die Rollen nicht auf den Leib, er brennt sie ihnen behutsam unter die Haut. Bei ihm ist Axel Milberg als Borowski ein lakonischer Kommissar, Sibel Kekili ist seine flatterhafte Assistentin, manchmal ist sie irritiert von Borowskis Wesen, aber zuletzt hat sie erkannt, wie sehr sie sich auf die Verschwiegenheit des Stoikers verlassen kann. Die beiden wachsen aneinander. Um es mal mit etwas Pathos auszukleiden: Sie helfen sich dabei, einen Platz im Leben zu finden.

Diesmal ist Eoin Moore (Buch und Regie) für Borowski und Brandt verantwortlich, es geht um einen toten Autor und im weitere Sinne um den Tod von Uwe Barschel damals in Genf, den die Kommissare nochmal aufrollen. Eine fiktive Geschichte mit einem echten Fall zusammenzubinden verdient erstmal Respekt, der Mut zu Neuem fehlt ja oft am Tatort. Aber Borowski und Brandt tappen auf Holzfüßen durchs Panorama, ihnen zuzusehen fühlt sich an, als würden Robert de Niro oder Julia Roberts von fremden Stimmen synchronisiert. "Politiker würden die besten Mörder angeben", murrt Borowski, er ist angekotzt von Politikern, aber während der subtil geführte Arango-Borowski seine Haltung überprüfen würde, bleibt dieser hier in seiner Rolle gefangen, seine Skepsis gerinnt zu Arroganz, sein Witz ist albern.

"Ich darf das. Ich bin Kriminalist", sagt Borowski und sieht dabei nicht sehr borowskiartig aus, eher so wie Peer Steinbrück, die menschgewordene Selbstgewissheit. Sibel Kekili kämpft sich durch Schülertheaterdialoge, zieht schülertheatralisch die Brauen hoch, sie brennt für den alten Barschel-Fall, aber weil man nicht erfährt, warum sie so brennt, wirkt alles aufgesetzt. "Fuck" und "Scheiße" ruft sie. Während Borowski, der sonst so vielsagend schweigen kann, bei den Ermittlungen in Genf natürlich auf Französisch flucht, "merde!"

Es gibt noch schlechtere Tatorte. Was Besseres lässt sich über diesen hier nicht sagen.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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