Tatort Dresden:Täter (m/w/d) gesucht

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Karin Gorniak (Karin Hanczewski, l.) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) ermitteln nach dem Mord an einer Gärtnerei-Besitzerin. (Foto: Hardy Spitz/MDR/MadeFor)

Der neue Dresdner "Tatort" beginnt als betulicher Gebrauchskrimi. Aber das täuscht.

Von Claudia Fromme

Frauen morden anders. Sie gehen planvoller vor als Männer, die oft im Affekt töten. Männer morden meist, um ihre Opfer zu beherrschen, Frauen töten, um sich nicht weiter beherrschen zu lassen. Das lernt man von Profilern. So weit die Theorie. In der Praxis liegt die Chefin der Gärtnerei mit eingeschlagenem Schädel im Blumenbeet, der intelligenzgeminderte Gehilfe wird mit einem Hammer gesehen und flieht. Schädel, Hammer, Mann. Alles klar.

Jedenfalls für die Oberkommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel). Ihr Chef Schnabel (Martin Brambach) sagt kassandrahaft: "Crime has no gender." Vielleicht war es doch eine Frau? Vielleicht will er den Frauen im Team auch nur altherrenhaft eins überbraten. Man weiß das nicht, seit seiner Entführung im Fall zuvor, bei der er fast verblutet wäre, ist er neben der Spur. Also: noch mehr frotzeln, noch mehr nuscheln.

Es wird gerannt, geschwitzt und mit der Kamera gewackelt - aber dann ist plötzlich alles anders

So verläuft sich der Krimi "Totes Herz" aus Dresden in der ersten Dreiviertelstunde auf der Suche nach dem Täter oder der Täterin. War es der junge Mann, war es der Schwiegersohn, war es die Tochter, die ständig "Mutti" sagt, die Geliebte des Schwiegersohns oder jemand ganz anderes? Der Fall plätschert bis zur Halbzeit als betuliches Wer-war-es-denn-jetzt? dahin. Es wird viel gerannt, geschwitzt, gestarrt und mit der Kamera gewackelt. Kleiner Höhepunkt: In der Rechtsmedizin zeigt sich, dass das Opfer nicht nur einen eingeschlagenen Schädel hat, sondern auch ein gebrochenes Herz. Emotionaler Stress gilt als Auslöser des Broken-Heart-Syndroms, das einem Herzinfarkt ähnelt. Wieder was gelernt.

Man ist kurz davor zu beschließen, diesen Tatort in die Schublade des Gebrauchskrimis zu schieben, womöglich abzuschalten, da kommt Fahrt in das Ding. Der gemächliche Film, bei dem Andreas Herzog Regie führt und Kristin Derfler das Buch geschrieben hat, wird zum Psychothriller. Es gibt eine Entführung, bedrückende Grüße aus der DDR-Vergangenheit, irre bis wirre Volten, falsche Fährten, drei neue Tote.

Die Zeit, den Fall sortiert aufzulösen, bleibt den Ermittlern nicht mehr. Am Ende laufen Videoclips, in denen zu sehen ist, wie und von wem gemordet wurde. Vielleicht hätten die Macher den spannenden Stoff ein wenig breiter verteilen können. Wohl dem, der nicht zu früh ausgestiegen ist.

Das Erste, 8. Januar, 20.15 Uhr.

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