"Tatort"-Wiederholung aus Dresden:Spannend und mit starkem Solo

Lesezeit: 2 Min.

Peter Michael Schnabel (Martin Brambach), Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und Karin Gorniak (Karin Hanczewski) im Dresdner Tatort "Das Nest"'. (Foto: dpa)

"Das Nest" bietet klassischen Horror, nach dem man zwar unruhig träumt, sich aber zur Abwechslung mal keine Sorgen um das gewöhnliche Elend der Welt machen muss.

Von Claudia Tieschky

Diese Rezension wurde zur Erstausstrahlung des Tatorts am 28. April 2019 veröffentlicht. Nun wird der Fall im Ersten wiederholt, weswegen wir den Text erneut publizieren.

Im Laufe dieses Dresdner Tatorts beschließt Karin Gorniak, in den Keller zu gehen. Dauerhaft. Unten in der Asservatenkammer des Kommissariats kriegt man einen sehr ordentlichen Radiosender rein und hat Ruhe. Alles in allem keine so schlechte Entscheidung. Und man muss sagen, dass dieser Keller der weitaus friedlichste Ort ohne Tageslicht ist, den man in dieser Soft-Horror-Episode "Das Nest" (Buch: Erol Yesilkaya; Regie Alex Eslam) zu sehen bekommt.

Oberkommissarin Gorniak (Karin Hanczewski) ist nicht etwa aus Protest nach unten gegangen, weil ihre Partnerin Henni Sieland (Alwara Höfels) abhanden gekommen ist und sie die Neue doof findet. Das wäre aufsässig, aber sympathisch. Nein, sie ist nach unten gegangen, weil die Neue (Cornelia Gröschel) beim ersten Einsatz schockstarr wie ein Mondkalb dastand und nicht auf den Mann mit Kapuze geschossen hat, der Gorniak dann ein Messer in den Bauch rammte auf der nächtlichen Wiese, wo Pferde im tiefen Gras schnaubten neben einem verlassenen Haus. In das Haus hatte der Kapuzenmann seine betäubten Opfer gebracht, bevor er sie langsam mit einer Kanüle ausbluten ließ, und dann Dinge tat, über die nur verraten sei: Schöckerchen!

Mangelnde Spannung kann man der Folge wirklich nicht vorwerfen. Es ist selten, dass sich der Tatort beim klassischen Grusel und dem unerklärlichen Bösen bedient. Davon träumt man unruhig, muss sich aber andrerseits nicht wie sonst im Sonntagskrimi Sorgen um das gewöhnliche Elend der Welt machen.

Gorniak bekommt ein starkes Solo: Sie verwildert stilvoll in Parka und Wollmütze und kämpft sich zäh durch ihr Trauma. Irgendwann sitzt sie nachts mit geladener Waffe in ihrer Wohnung und wartet auf den Kapuzenmann. Im Dresdner Tatort dürfen Frauen echte Kerle sein.

Kommissariatsleiter Schnabel (Martin Brambach) dagegen - in stiller Verzweiflung der Halt für alle - versucht, gleichzeitig nett und streng mit der Neuen zu sein, dem Lockenköpfchen mit Schusshemmung. Diese Leo Winkler macht schnell viel falsch, ist aber ehrgeizig. Dass es dabei um ihren berühmten Polizistenvater geht, hat man schnell kapiert, trotzdem wird es noch zig Mal erklärt. Voilà, da kommt ein Papa-Drama auf alle zu. So wie dieser Vater sich benimmt, vermuten wir mal: Der Keller wird immer beliebter.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 27.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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