"Tatort" aus Dresden:Fragereien wie einst bei Derrick

Tatort: Nemesis

Konzentiert: Cornelia Gröschel als Leonie Winkler in einer Szene des Tatort: Nemesis.

(Foto: dpa)
  • Der erste Tatort nach der Sommerpause kommt aus Dresden und handelt von einem Gastronom, der erschossen wird.
  • Der Krimi entwickelt sich zum Familiendrama, außerdem gibt's was auf Latein. Und viele Fragen.

Von Holger Gertz

Dieser Dresdner Tatort ist mal wieder eine Episode, die die klassischen Sehgewohnheiten bedient. Ein Restaurantbesitzer ist erschossen worden, er war nicht einfach ein besserer Wirt, er war Gastronom, außerdem eine stadtbekannte Größe. In der Familie des Toten, bei seiner Frau und den zwei Söhnen aber stimmt es irgendwie nicht, das erfahren die Zuschauer eher als die Kommissare, und deshalb haben die Zuschauer auch bald das Gefühl, dass die einfache Lösung - Schutzgeld/Mafia - hier nicht die tragfähige sein wird. Und so ist es dann auch.

Der Krimi entwickelt sich zum Familiendrama. Und wer den Episodentitel Nemesis einordnen kann, erkennt schon, wo die Reise hingeht. Ermittlerin Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) setzt noch einen drauf: "Si vis pacem para bellum", sagt sie beim Gerichtsmediziner: Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor. Auf diesem Niveau wird in den Kellern der Forensiker auch nicht oft debattiert, Kollegin Karin Gorniak (Karin Hanczewski) lässt sich über die Bedeutung des Gesagten aufklären, dann geht es schnell weiter. Souverän wird das Ganze erzählt, aufwendig ins Bild genommen, mitunter sieht man die handelnden Personen durch ein Aquarium hindurch.

Die Geschichte von Stephan Wagner (Regie) und Mark Monheim (Buch) weist im Übrigen eine enorm hohe Fragendichte auf: "Hat seine Frau einen Schlüssel?" "12/35, was heißt das?" "Wie konkret war denn die Beschreibung der Männer?" "Wie gut kanntest du ihn denn?" "Was ist, wenn er den Abrechnungsbetrug nur gemacht hat, um Schutzgeld zahlen zu können?" So viel gefragt wurde im deutschen Krimi nicht seit Stephan Derricks Abenteuern mit dem stets zu Fragen aufgelegten Assistenten Harry Klein. Hier aber hat die Fragerei auch eine Funktion; weil es ja so wenig Gewissheiten gibt, geht man tastend miteinander um.

Ganz sehenswert. Warum allerdings Kommissariats-Leiter Schnabel (Martin Brambach) seine Ermittlerinnen vor Zeugen immer noch so albern rundmachen muss, ist auch eine Frage wert.

Tatort, ARD, Sonntag 20.15 Uhr.

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