Süddeutsche Zeitung

Tatort aus Dresden:Hinterhältige Nano-Teilchen

Kommissarin Gorniak leidet unter Symptomen, die auch das Mordopfer hatte. Handlungsmäßig wird es in der Folge aus Dresden dann etwas voll.

Von Holger Gertz

Altes Streitthema unter Tatort-Exegeten: Wie viel Persönliches von Kommissar und Kommissarin darf denn bitte eingepflegt werden, in so eine Geschichte? Im Tatort Franken zum Beispiel dosieren sie sehr fein, Kommissarin Paula Ringelhahn kann nicht schießen. Und diese sehr persönliche Besonderheit schwingt immer wieder mit in den Geschichten und wirkt sich auf deren Dramaturgie aus, aber die Fälle stehen trotzdem für sich, die Krimis loten nicht die Abgründe der Ermittlerin aus. Funktionieren aber trotzdem, weil es in der Regel gute Geschichten sind, im Tatort Franken.

Im Tatort Dresden nun mit den Kommissarinnen Gorniak (Karin Hanczewski) und Winkler (Cornelia Gröschel) wird an diesem Sonntag eine Geschichte erzählt, die mit Gorniaks persönlicher Vergangenheit zu tun hat, also mit deren Verarbeitung eines traumatischen Erlebnisses, in dem auch eine Ortschaft mit dem bittersüßen Namen Pesterwitz vorkommt. So weit, so gut: Karin Hanczewski, auf die die Folge "Unsichtbar" also zugeschnitten ist, trägt dieses Gewicht schauspielerisch natürlich komplett und wird unterstützt von Martin Brambach als Kommissariatsleiter Schnabel, der mit seiner erdnahen Art die Geschichte immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt - oder das immerhin versucht. "Ich hab'n schlimmen Verdacht", sagt er, das wenigstens klingt in seiner Mischung aus Ratlosigkeit und Furcht nachvollziehbar. Um den perfekten Mord mit unsichtbaren Nano-Teilchen geht es ("dieses Nano-Zeug", brummt Schnabel): Eine junge Frau ist auf diese Weise aus dem Weg geräumt worden, und dann hat auch Gorniak Symptome. Ein Stalker predigt zusätzlich noch blechern auf sie ein.

Die Ermittlerin, ausgeliefert ihren Schuldgefühlen, dazu auch noch überfordert von den Hinterhältigkeiten der Zukunftstechnologie. Nun überfrachten der grundsätzlich ja tolle Regisseur Sebastian Marka und sein Autor Michael Comtesse diese ohnehin mehrschichtige Story; sie ächzt irgendwann unter sich selbst. Diagnosen werden gestellt: "Das ist der Grund für die kombinierte sensible und autonome Neuropathie, und je nach Dosierung, den Sudden Cardiac Arrest." Digitale Schnitzeljagden werden veranstaltet, psychedelische Trips müssen überstanden werden, Horrorvisionen flackern. Viel Stoff, um hier im Bild zu bleiben, für knapp neunzig Minuten. Zu viel Stoff.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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