Tatort aus München:Ein Tatort, der mehr als nur wehtut

Tatort; Tatort BR Mia san jetzt da wo's weh tut

Immer mehr Fehler, immer mehr Tote: der Münchner Jubiläums-Tatort birgt Schlimmes.

(Foto: Roxy Film GmbH/Regina Recht)

In ihrem Jubiläumsfall wollen die Münchner Kommissare einen Ermittlungsfehler wiedergutmachen. Hätten sie das doch nur gelassen. Die Nachlese.

Kolumne von Carolin Gasteiger

Darum geht's:

"Mia san jetzt da wo's wehtut" fängt damit an, womit andere Tatorte aufhören: Ein junger Mann wird des Mordes an seiner Cousine, einer rumänischen Prostituierten schuldig gesprochen. Aber irgendwas stimmt nicht, Ivo Batic überkommen Zweifel. Und zwar so gravierende, dass er zusammen mit seinem Kollegen Franz Leitmayr den Fall noch mal neu aufrollt. Hätten sie das doch nur sein lassen.

Hier lesen Sie die Rezension von SZ-Tatort-Kritiker Holger Gertz:

Bezeichender Dialog:

Batic und Leitmayr warten verzweifelt auf ein Lebenszeichen des jungen Benny, der mit einer wichtigen Zeugin des Mordes, Mia Petrescu, auf der Flucht ist.

Batic: "Warum meldet sich der nicht, der Depp?"

Leitmayr: "Weil es bei jedem einen Moment gibt, wo des was zählt, nicht mehr durchkommt."

Die besten Zuschauerkommentare:

Beste Szene:

Batic wird klar, wie tief sein langjähriger Freund, der Zuhälter Harry Schneider, in den Fall verwickelt ist. Als er in dessen Büro nur die Buchhalterin antrifft, droht er erst ihr persönlich und lässt Harry Schneider dann eine Drohung ausrichten. Batic spricht ganz leise, aber sehr deutlich, als würde er mit jedem Wort einen weiteren Brocken seiner Wut ausspucken. Als würde er mit jedem Wort merken, wie sehr er sich in "seinem Freund" getäuscht hat. "Wenn ihnen (dem Pärchen Mia und Benny; Anm. d. Red.) irgendwas passiert, werde ich ihn vernichten" - einen Moment lang scheint der Kommissar zu mehr als dieser mündlichen Drohung fähig.

Top:

Mit traumähnlichen Rückblenden, treffenden Dialogen und einem tollen Soundtrack ist Max Färberböck ein optisch wunderschöner Film gelungen. Wären da nicht ...

Flop:

... die vielen inhaltlichen Wendungen, die das eigentliche Thema in den Hintergrund treten lassen. Mit einem Pärchen, das ins Unglück rennt, einem zurückkehrenden Junkie, der Geld braucht, und einer vertanen Freundschaft überfrachten die Macher den Fall. Mal wieder. Ein nerviger Trend im Tatort.

Bester Auftritt:

Aufgesetzt und verschlagen mimt Robert Palfrader ("Braunschlag") Batics Zuhälterfreund aus alten Zeiten. Erst kredenzt er ihm noch den guten Cuvée ( "Der hat oan Abgang länger wie a Woch'n"), dann hetzt er seinen Totschläger auf einen Handlanger. Mit fiesem Wiener Schmäh versucht er bis zuletzt, sich aus der Affäre zu ziehen. "Wie immer: schneller, klüger, nie dabei", ätzt Batic ihn an. Ein Spezl, wie man ihn ungern haben möchte.

Die Erkenntnis:

Der Dichter Jean Paul hat einmal gesagt: "Die schlimmsten Fehler werden gemacht in der Absicht, einen begangenen Fehler wiedergutzumachen." Anders gesagt: "Mia san jetzt da wo's wehtut." Ihre eigenen Fehler kosten die Münchner Kommissare sechs Menschenleben. Sechs Tote zum Jubiläum - kein Wunder, dass Leitmayr auf den "gschissenen Champagner" verzichten will und es Espresso aus Kaffeebechern gibt. Der Ausdruck "wehtun" reicht da fast nicht mehr.

Die Schlusspointe:

Eben hat die junge Mia noch den Peiniger ihrer toten Freundin mit dem Messer angegriffen, jetzt sitzt das Mädchen am Türrahmen auf dem Boden gekauert da, blickt mit leeren Augen zu den Kommissaren auf und flüstert: "Help me. Please." Wenn dieser Hilferuf mal nicht zu spät kommt. Dann friert das Bild ein.

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