"Tatort" aus Frankfurt:"Das ist jetzt wirklich, wirklich riskant"

Tatort: Hinter dem Spiegel Frankfurt

Anna Janneke (Margarita Broich) erfährt in dieser "Tatort"-Folge mehr über die Vorgeschichte ihres Kollegen Paul Brix (Wolfram Koch).

(Foto: HR/Degeto)

Fluchende Russen, flammendes Rotlicht, ein erhängter Büromensch - und jeder weiß was, was der andere nicht weiß. Es ist wirklich schwer, in diesem "Tatort" den Durchblick zu behalten.

Von Holger Gertz

Die Episoden aus Hessen sind in der Regel schon deshalb Ereignisse, weil sie sich so lässig aus dem Gehege der Konventionen befreien. "Wo waren Sie Freitag zwischen sieben und zehn"-Gefrage gibt es nicht, die Übergänge zwischen Fakten und Visionen sind fließend. Das, was man gerade erwartet, tritt absichtsvoll gerade nicht ein. In diesem Tatort hängt ein Büromensch von der Decke. Sieht furchtbar aus, aber das Berührtsein der Kommissarin Janneke (Margarita Broich) teilt sich nicht mit durch aufgerissene Augen oder schluchzende Streicher im Hintergrund. Sie stellt nur eine Frage, dem Anlass komplett unangemessen und deshalb genau richtig gesetzt: "So. Und?"

Nichts in der Folge "Hinter dem Spiegel" von Sebastian Marka (Buch: Erol Yesilkaya) geschieht ohne Grund, die Bilder sind mit Blick aufs Ganze komponiert. Wenn über Schüsse aus Dienstwaffen philosophiert wird, nimmt die Kamera die gefüllte Kaffeetasse von Kommissar Brix (Wolfram Koch) in den Blick, die sieht aus der Vogelperspektive so aus wie ein rabenschwarzes Einschussloch.

Jeder weiß, was der andere nicht weiß

Aber diese komplizierte Geschichte zusammenhalten - das können die Bilder nicht, zumal viele in halbdunklen Ecken aufgehängt sind. Erzählt wird: vom sich entwickelnden Binnenverhältnis der Kommissare, oft über lakonische Dialoge. "Das ist jetzt wirklich, wirklich riskant", sagt Anna Janneke. "Sie machen mich wirklich nervös. Aber wirklich", sagt Paul Brix. Erzählt wird: Brix' Vorgeschichte. Erzählt wird: vom Tod des Simon Finger. Zu klären ist ferner die Sache mit dem Hängenden im Büro; alles unterlegt mit fluchenden Russen und flackerndem Rotlicht. Und jeder weiß was, was der andere nicht weiß. Die Kommissarin kennt das Gestern des Kommissars, der Zuschauer kennt Fingers Mörder.

So viele Ideen, so tolle Textpassagen. So viele Fäden, die schwer zusammenzuspinnen sind. Am Ende wird manches klarer, aber bis dahin den Durchblick zu behalten ist wirklich schwer. Aber wirklich.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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