Süddeutsche Zeitung

"Tatort" aus Dresden:Ein Sampler abgedroschener Motive

Vom verdächtigen Online-Dater - und dem Abschied von Alwara Höfels aus dem "Tatort": In "Wer jetzt allein ist" passiert nichts, das nicht auf der Hand liegt.

Von Katharina Riehl

Pressehefte zu Fernsehkrimis sind im Allgemeinen recht prosaische Informationsbroschüren, aus denen man sich die richtige Schreibweise des Regisseurs (Theresa von Eltz) oder den Namen des auftraggebenden Senders (MDR) zusammensuchen kann. Manchmal aber verfügen Pressehefte auch über eine zweite Ebene, wie etwa dieses hier zum Tatort "Wer jetzt allein ist" aus Dresden.

Die Episode ist der letzte Fall von Alwara Höfels als Kommissarin Henni Sieland, die nach nur zwei Jahren hinwirft, wegen eines "fehlenden künstlerischen Konsens", und weil sie ihre "Verantwortung als Künstlerin ansonsten gefährdet" sehe. Das klingt (und vermutlich ist es auch so gemeint), als fände Höfels den Tatort aus Dresden ziemlich kacke.

In eben jenem Presseheft zu ihrem letzten Fall finden sich mehrere kleine Interviews, drei Fragen an Drehbuchautor Erol Yesilkaya, jeweils drei Fragen an Höfels Ermittlerkollegen Karin Hanczewski und Martin Brambach, drei Fragen an Daniel Donskoy, der einen Tatverdächtigen spielt. Keine einzige Frage aber an Alwara Höfels, die dritte Ermittlerin in ihrem letzten Einsatz, die entweder nicht gefragt wurde oder aber nichts Nettes mehr über diesen ihren letzten Fall zu sagen bereit war.

Verstehen könnte man das, denn es ist ein sehr schlechter Kriminalfilm, mit dem die Kommissarin in Frührente geschickt wird. Ermordet wird eine junge Frau, die sich beim Online-Dating Feinde gemacht hat und schon länger bedroht wurde, es gibt schnell einen kleinen Kreis verdächtiger Herren. Eh klar, was folgt: Die beiden Ermittlerinnen überprüfen diese Männer, indem sie selbst beim Datingportal "Love Tender" aktiv werden.

Alles, was dann passiert, ist eine Art Sampler abgedroschener Fernsehmotive. Kleine Auswahl: Der Vorgesetzte hält die Aktion für zu gefährlich und will sie untersagen, die beiden widersetzen sich, der eher hässliche verdächtige Online-Dater pflegt zu Hause seine alte Mutter, die Kommissarin durchwühlt heimlich die Sachen eines Verdächtigen - und wer steht plötzlich in der Tür? Es geschieht nichts, das nicht auf der Hand liegt.

Im bereits zitierten Presseheft heißt es übrigens noch: "Als die beiden Hauptverdächtigen den Köder schlucken, ahnen die Ermittlerinnen noch nicht, dass die Situation bald eskalieren wird."

Damit stehen sie sehr alleine da.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 19.05.2018/cag
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