Süddeutsche Zeitung

Talkshows zu Griechenland:Unsere Grexperten

Die Menschen in Deutschland diskutieren über Griechenland. Na gut, eigentlich sind es nur ein paar, in den immer gleichen Runden. Mit Grafik.

Von Martin Wittmann

An Kritik sind ARD und ZDF gewöhnt. Nicht nur wird den Sendern seit jeher vorgeworfen, zu viele und zu teure Talkshows zu produzieren - zeitweise sechs Sendungen pro Woche, darunter "Günther Jauch" mit einem Minutenpreis von 4634 Euro; nicht nur wird ihnen vorgeworfen, dass sie zu wenige Frauen mitreden lassen (die Quote liegt bei den großen vier - Anne Will, Maybrit Illner, Günther Jauch und Frank Plasberg - im Schnitt bei 29 Prozent); nein, es heißt auch, die Auswahl der Themen und vor allem der Gäste sei generell zu eintönig.

So durfte etwa Wolfgang Bosbach, Sprecher der inoffiziellen CDU-Untergruppe Bosbach, allein im Jahr 2014 achtmal mitreden. Der Mann, und damit kommen wir zum Aktuellen, ist eine Bank.

Fragen aus dem Phrasen-Automat

Wer dachte, die Talk-Chose könne irgendwann einmal ausgewogener werden, der hat nicht mit den Griechen und ihren Banken und ihren (also unseren) Sorgen gerechnet. Man schaue sich nur die Themen- und Gästeauswahl der vier großen TV-Runden an: Wären die Griechen so berechenbar wie die Talk-Planer, es wäre nie zu diplomatischen Zerwürfnissen mit der EU gekommen. 2015 wurde bislang 28 Mal über die da drüben diskutiert, stets ausgehend von einer Frage, die sich die Sender vom stets gleichen Phrasen-Automaten zusammenstellen haben lassen wie die Bild ihre Titel und die AfD ihre Slogans; nur eben superfrech mit Fragezeichen.

Unter den 136 gezählten Namen auf den Gästelisten der Talkshows waren nur 54 Einzelauftritte. Die Namen der anderen, der Wiederholungstäter sind in unserer Grafik zu sehen. Demnach war Bosbach als volksnahe Eurozonengabi 2015 schon fünfmal dabei.

Interessierten seien drei Sendungen in der Mediathek empfohlen: Maybrit Illners "Griechen zwangsgerettet - Europa gespalten?" vom vergangenen Donnerstag sowie Anne Wills "Finale in Brüssel" vom Juni und "Drachme statt Euro" vom April: In diesen Rede-Runden saßen nur Wiederholungstäter.

Mehr Expertise (womöglich über Griechenland, sicher über Talkshows) geht nicht. Dass der Trend zum Wiedersehen erst einmal gestoppt ist, liegt übrigens nicht am Ende der Krise oder dem Anfang einer heterogenen Talk-Planung - es ist Sommerpause, bei dem einen oder anderen.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2015
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