Süddeutsche Zeitung

"Tagesschaum" mit Küppersbusch:Satire pur

Wider das moderne Fernsehen: Mit "Tagesschaum" kommt Friedrich Küppersbusch zurück ins TV und macht sich gekonnt über Steinbrücks Kompetenzteam und Thomas de Maizières Drohnendebakel lustig. Dabei ist die Satiresendung angenehm selten auf den schnellen Lacher aus.

Eine TV-Kritik von Matthias Kohlmaier

Kaum verändert hat er sich. Gut, die Haare sind aus Altersgründen quasi weg. Gleiches gilt zum Glück für die schlecht sitzenden Sakkos. Aber wenn er den Mund aufmacht, klingt das wie in den 90er Jahren im Politmagazin Zak. Oder im Privatfernsehen. Friedrich Küppersbusch ist wieder da, im WDR präsentiert er bis zur Bundestagswahl dreimal pro Woche die Satiresendung Tagesschaum.

Was er da macht? Nun ja, wenig, wenn man die heutigen TV-Maßstäbe zugrunde legt. Er sitzt einfach an einem Tisch im Studio, das bequem in das Wohnzimmer einer durchschnittlichen Dreizimmerwohnung passen würde. Und er erzählt etwa elf Minuten lang vom Tagesgeschehen. Ohne Musik, ohne großartige Spezialeffekte. Küppersbusch pur auf einer winzigen Bühne.

Die Themen in Episode eins sind konsequent: Peer Steinbrücks "Inkontinenz-Team", die "volle Drohnung" des Thomas de Maizière und Barack Obamas neuester Wahlspruch "Yes, we scan". Dazwischen und als etwas bemühte Auflockerung ein Themengebiet, das in regelmäßigen Abständen auch dem Spiegel eine Titelgeschichte wert ist: "Irgendwas mit Hitler."

Kein Vergleich zur heute-show

Der Erstausstrahlungstermin an diesem Montag ist wohl kein Zufall, hatte sich doch die heute-show gerade am vergangenen Freitag in die Sommerpause verabschiedet. Wobei, mit Oliver Welkes Zotenmaschine ist Tagesschaum ohnehin nicht vergleichbar: Viel zu ruhig und unaufgeregt kommt die Show daher, angenehm selten auf den schneller Lacher aus.

Obschon die kurze Sendezeit zu dem Wortspiel verleiten mag, ist Friedrich Küppersbuschs Sendung gerade deshalb kein Fastfood-TV. Dafür ist der Witz viel zu fein und kein zusätzliches Pipapo nötig neben diesem Mann. "Dies ist die erste Sendung, die fertig abgesetzt auf den Sender kommt", hat Küppersbusch selbst der taz gesagt. "Bis zur Bundestagswahl sind es noch 104 Tage", sagt er an diesem Abend. Am 20. September soll definitiv Schluss sein mit der Show - gerade richtig für ein kleines, freches Format.

Etwas scharfzüngiger dürfte er in diesem überschaubaren Zeitraum aber ruhig noch werden. Denn wenn Küppersbusch erzählt, Peer Steinbrücks größter Feind sei Peer Steinbrück, dann ist das nicht eben eine fetzige Erkenntnis. Ebenso wenig wenn er de Maizière als "Nebelgranate der Herzen" bezeichnet. Aber vielleicht muss "der gute Onkel", wie sich Küppersbusch zu Beginn der Sendung vorstellt, erst noch ein bisschen warmlaufen.

Der WDR jedenfalls lanciert mit Tagesschaum binnen weniger Wochen das zweite tolle Projekt nach Olli Dittrichs kongenialem Frühstücksfernsehen. Und dass es eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt erlaubt, sämtliche Tagesschaum-Folgen auf Youtube zu stellen, hat schon beinahe revolutionäre Züge. Oder wie es Küppersbusch formuliert: "Hier ist der Schurkensender Ihres Vertrauens." Recht so.

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