70 Jahre "Tagesschau":Eine für alle

70 Jahre "Tagesschau": Damals noch nicht auf Tiktok: Wilhelm Wieben, "Tagesschau"-Sprecher von 1973 bis 1998.

Damals noch nicht auf Tiktok: Wilhelm Wieben, "Tagesschau"-Sprecher von 1973 bis 1998.

(Foto: NDR/Annemarie Aldag)

Läuft bei dir, "Tagesschau". Über den Erfolg der Nachrichtensendung schlechthin, sogar bei der fernsehfaulen Jugend.

Von Carlotta Wald

An einem Montagnachmittag im Oktober 2021 schaut Susanne Daubner Millionen Zuschauern auf Instagram souverän in die Augen und fragt in der monotonen Nachrichtensprechmelodie: "Digga, wie fly ist eigentlich die Tagesschau, wenn sie mit Jugendwörtern flext? - Läuft bei dir, ARD."

Mit sofortiger Wirkung brach bei allen, die sich noch zur Jugend zählen, das aus, was Daubner mit ihrem Video zu erklären suchte: ein beklemmendes Gefühl, das sich am besten mit Fremdscham übersetzen lässt. Cringe eben, das Jugendwort des Jahres. Und vielleicht war es dieser Moment, an dem mir klar wurde: Daubner hat recht. Läuft tatsächlich bei dir, ARD.

Trotz des ewigen Abgesangs auf das Fernsehen ist die Tagesschau auch heute, 70 Jahre nach Sendebeginn, für alle da. Für Jung und Alt und sogar für alle dazwischen.

Während sich durchschnittlich fast zwölf Millionen TV-Traditionalisten um 20 Uhr ins Programm des Ersten einschalten, um sich von dem ikonischen Gong und den fast schon familiär klingenden Stimmen von Daubner, Schreiber und Rakers den Abend ritualisieren und die Gegenwart erklären zu lassen, zieht es andere in die App.

In der Uni oder im Zug sitzend swipen sich die digitalen Alltagsnomaden durch die wichtigsten Nachrichten des Tages, als ginge es um Dates bei Tinder. Damit sind auch die fernsehfaulen jungen Erwachsenen an Bord.

Und auch die noch Jüngeren werden von der Tagesschau heute gekonnt gecatcht. Auf Instagram oder Tiktok erklären junge Moderatorinnen in kurzen Videos das Geschehen, Infografiken setzen Schwerpunkte zu Themen wie dem Klimawandel oder Psychologie und, wie das Beispiel um Daubner oben zeigt, es gibt sogar ein bisschen Humor. Und wer den nicht verloren hat, ist im besten Alter.

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