Tag der Pressefreiheit:Mit erhobenen Armen gegen die Gewalt

Zum Tag der Pressefreiheit veröffentlicht "Reporter ohne Grenzen" bewegende Bilder von Fotografen aus der ganzen Welt.

Von Paul Katzenberger

Afghanistan

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(Foto: Andrew Quilty)

"Reporter ohne Grenzen" (ROG) veröffentlicht seit 25 Jahren "Fotos für die Pressefreiheit", um auf Konflikte und Krisen auf der ganzen Welt aufmerksam zu machen. "Das Fotobuch zeigt das Geschehen in einigen Ländern, die uns 2018 besonders beschäftigt haben", sagt Gemma Pörzgen, Vorstandsmitglied von "Reporter ohne Grenzen". Dieses Bild ist aus Afghanistan, wo die Gewalt seit Jahrzehnten zum Alltag gehört. Die Taliban und andere islamistische Terroristen verüben laufend blutige Anschläge. Der in Kabul lebende australische Fotojournalist Andrew Quilty dokumentiert den von Gewalt geprägten Alltag im Land. Das ausgewählte Foto nahm er in einer Schule auf, die mitten in umkämpftem Gebiet liegt. Wegen der Gefechte ist der Unterricht nur eingeschränkt möglich, in hörbarer Nähe fallen immer wieder Schüsse.

China

2 / 10
(Foto: Gilles Sabrié)

Der Ausbau des Überwachungsstaates in China ist eines der Themen, mit denen sich Gilles Sabrié beschäftigt. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet der französische Fotograf in Ostasien. Neue Technologien wie künstliche Intelligenz und Gesichtserkennung erleichtern es der Regierung unter Präsident Xi Jinping, die Bevölkerung im Alltag zu kontrollieren. Wie das auf einem Monitor aussieht, zeigt dieses Foto aus dem Video eines Pekinger Softwareentwicklers.

Demokratische Republik Kongo

3 / 10
(Foto: Thomas de Wouters)

"La Lucha" ist eine Organisation, in der sich junge Leute im Kongo für Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Der Name ist ein Wortspiel: Lucha, das spanische Wort für Kampf, ist gleichzeitig eine französische Abkürzung für "Kampf für den Wandel". Der belgische Fotograf Thomas de Wouters überschrieb seine Reportage über die Mitglieder der Bewegung deswegen "Inside Lucha". De Wouters Schwarzweißfotos vermitteln einen Eindruck davon, wie die Protestbewegung vorgeht. Ihr Markenzeichen sind die erhobenen Arme, die anzeigen sollen, dass die Aktivisten gewaltfrei agieren. Ursprünglich wollten sie die schlechte Versorgung mit Trinkwasser verbessern. Doch angesichts des Stillstandes im Land fordern die Mitglieder heute ganz allgemein einen politischen Wandel. Auf dem Bild demonstrieren Mitglieder von "La Lucha" vor dem Haus des Gouverneurs in der ostkongolesischen Großstadt Goma.

Jemen

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(Foto: Véronique de Viguerie/ Getty Reportage/ Verbatim)

Mit aufrüttelnden Bildern ist die französische Pressefotografin Véronique de Viguerie aus Jemen zurückgekommen. Das Kinderhilfswerk Unicef bezeichnet die Lage in dem Land auf der Arabischen Halbinsel als größte humanitäre Katastrophe der Welt. Der Krieg hat Jemen an den Rand des Zusammenbruchs gebracht, Millionen leiden Hunger. Obwohl es für Außenstehende schwierig ist, ins Land zu kommen, gelang es der Fotografin, Fotos aufzunehmen, die manchmal schwer zu ertragen sind. Das Bild zeigt ein Haus in der Altstadt der jemenitischen Hauptstadt Sanaa, das von der saudi-arabischen Armee zerstört wurde.

Russland

5 / 10
(Foto: Dmitri Markow)

Der russische Fotograf Dmitrij Markow ist durch seinen Instagram-Account bekannt geworden. Mit seinen Bildern dokumentiert er den Alltag in Kleinstädten und Dörfern - fernab von Metropolen wie Moskau oder Sankt Petersburg: "Ich habe vor allem das Leben und die Menschen im Blick", schreibt er im ROG-Fotobuch. "Oft auch Leute, die es im Leben nicht besonders gut getroffen haben. Mal sind es Rollstuhlfahrer, mal ist es eine feiernde Runde. Mich interessiert nicht ihr sozialer Status, sondern das Schöne in diesen Menschen." Markow, dem inzwischen 378 000 Abonnenten auf Instagram folgen, prangert die der repressiven Internet-Gesetzgebung des Kremls an: "Wir brauchen aufgeklärte Menschen. Wozu all das Blockieren von Webseiten im Netz?" Dafür muss er sich auch Kritik anhören: Dem Fotografen wird vorgeworfen, dass seine Präsentation sozial schwacher Menschen die Lage in Russland zu einseitig darstelle. Markow hält diesen Vorwurf für unbegründet, weil er glaubt, mit seinen Bildern niemanden bloßzustellen. Auf diesem Bild zeigt er eine Fleisch- und Wurstverkäuferin auf einem Markt in der alten russischen Stadt Kostroma.

Türkei

6 / 10
(Foto: Veysel Ok)

Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel kommt am 16. Februar 2018 aus türkischer Haft frei und schließt seine Frau Dilek Mayatürk-Yücel in die Arme. In der Hand hält er einen Strauß Petersilie, eine Erinnerung an ihren ersten gemeinsamen Urlaub. Die Türkei zählt zu den fünf Ländern, die im internationalen Vergleich am meisten Journalisten wegen ihrer Arbeit inhaftieren: Mindestens 32 Journalisten saßen Ende 2018 in Haft. In den häufigsten Fällen wurde ihnen vorgeworfen, Terrorpropaganda verbreitet zu haben. In zahlreichen weiteren Fällen ist es wahrscheinlich, dass die bestehende Haftstrafe mit der journalistischen Tätigkeit zusammenhängt. Die türkische Justiz lässt die Betroffenen und ihre Anwälte jedoch oft über die genauen Anschuldigungen im Unklaren.

Rumänien

7 / 10
(Foto: Petrut Calinescu)

In Rumänien wächst die Hauptstadt Bukarest wegen der starken Landflucht unentwegt. Oft landen die Zuzügler in den Betonwüsten am Stadtrand. In den Aufnahmen von Petrut Calinescu offenbart sich diese Gegend als skurrile Zuflucht - für Schafe am Rande eines Neubaugebiets, Jugendliche, die neben Autos grillen und Kostümierte, die im Bärenfell tanzen. Auf die verkleideten Bären treffe man vor allem zur Weihnachtszeit, erklärt Calinescu: "Der Bärentanz ist eine dörfliche Tradition, doch in der Großstadt kann man damit mehr Geld verdienen. Die Leute aus den Wohnblocks stecken Geldscheine in Zigarettenschachteln und werfen sie aus ihren Fenstern, als Dank für die Show. Die Bärentänzer kommen aus der Nähe von Bacău im Osten Rumäniens. Sie übernachten im Wohnheim und streifen tagsüber durch die ganze Stadt."

Kambodscha

8 / 10
(Foto: Adam Dean/ Panos Pictures)

Eine junge Frau auf dem Weg zu einer Hochzeit. Sie lebt in einem Slum in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh. Kambodscha wird seit mehr als 30 Jahren autokratisch regiert, bei umstrittenen Parlamentswahlen erhielt die Regierungspartei von Ministerpräsident Hun Sen im Juli 2018 die Mehrheit. Im Jahr zuvor hatte Hun Sen die wichtigste Oppositionspartei verbieten lassen. Der britische Fotograf Adam Dean, der in Bangkok lebt, reiste im Wahljahr zehn Mal in das südostasiatische Land. Angesichts der Repressionen, denen einheimische Journalisten ausgesetzt sind, verwunderte es ihn selbst, dass Kambodscha überhaupt noch ausländische Journalisten ins Land lässt. Es könnte daran liegen, dass Hun Sen seine Person gern im Mittelpunkt sieht: "Ihn bei seinen Ansprachen zu fotografieren, war erstaunlich einfach möglich. In Kambodscha werden Obrigkeiten kaum abgeschirmt. Nicht etwa so wie in China", erläutert Dean.

Peru

9 / 10
(Foto: Leslie Searles)

Das Leben der indigenen Völker im peruanischen Regenwald verändert sich massiv. Mit der Zerstörung ihres Lebensraumes durch Klimawandel und Abholzung verlieren sie ihre Lebensgrundlagen. Die peruanische Fotografin Leslie Searles beleuchtet die Folgen für die indigenen Gemeinschaften: Für Frauen ist die Lebenssituation besonders schlecht - viele begehen Suizid. Wenn die Männer in die großen Städte abwandern, um dort Arbeit zu suchen, bleiben die Frauen und Familien zurück. Ein weiteres großes Problem: Die Männer bringen aus den Städten bislang unbekannte Krankheiten mit - vor allem Aids. Die Zahl der Neuinfektionen bei der indigenen Bevölkerung im Amazonas-Gebiet habe sich deswegen zwischen 2000 und 2015 versechsfacht, schreibt Searles im ROG-Fotobuch. Mit fatalen Konsequenzen: "Das Gesundheitssystem vor Ort ist den neuen Herausforderungen nicht gewachsen", schreibt die Fotografin. "Es ist allein schon damit überfordert, über HIV aufzuklären, geschweige erkrankte Menschen zu behandeln." Auf ihrem Foto zeigt Searles ein elfjähriges Mädchen vom Volk der Awajún, deren Mutter sich das Leben nahm.

Bangladesch

10 / 10
(Foto: Sumon Paul / Drik)

Der bekannte Fotograf Shahidul Alam saß insgesamt 107 Tage in Bangladesch im Gefängnis, weil ihm vorgeworfen wurde, er habe durch "provokante" Aussagen Angst und Panik verbreitet. Seiner Festnahme war ein Interview mit dem TV-Sender Al Jazeera vorausgegangen, in dem er unter anderem Kritik am harten Vorgehen der Regierung gegen Studentenproteste in der Hauptstadt Dhaka geübt hatte. Im November 2018 kam der preisgekrönte Fotojournalist gegen Kaution frei, das Gericht ließ die Anschuldigungen aber dennoch nicht fallen. Dieses Foto von Sumon Paul von der von Alam gegründeten Fotoagentur Drik (deutsch: Vision) zeigt Familienangehörige und Freunde mit Shahidul Alam bei seiner Freilassung im November 2018 vor dem Zentralgefängnis in der Hauptstadt Dhaka.

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