Süddeutsche Zeitung

Studie:Vertrauensfrage

Einer repräsentativen Befragung des Mainzer Instituts für Publizistik zufolge hat die Medienskepsis im vergangenen Jahr abgenommen. Auch Langzeitstudien zeigen: Anschuldigungen gegen die "Lügenpresse" sind derzeit nicht heftiger als in anderen Jahren.

Von Benedikt Frank

Die "Lügenpresse"-Rufe scheinen weniger zu werden: Der Aussage, dass die Bevölkerung in Deutschland von den Medien systematisch belogen werde, stimmten nur noch 13 Prozent der Deutschen zu, um sechs Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Publizistik an der Universität Mainz. Mehr als die Hälfte der Befragten lehnen die Behauptung ab, ein Plus von elf Prozentpunkten. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen und die Tageszeitungen halten 72 beziehungsweise 66 Prozent der Befragten für vertrauenswürdig. Diese Zahlen haben sich im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert.

Die Ergebnisse der Studie entsprechen den Erkenntnissen aus anderen Untersuchungen. Langzeitstudien stellen infrage, ob die Anschuldigungen gegen die "Lügenpresse" überhaupt mit massiv gestiegenem Misstrauen einhergehen. Die Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften etwa fragt das Vertrauen der Deutschen in Fernsehen und Zeitungen in unregelmäßigen Abständen seit 1984 ab, zuletzt 2012, die World Values Survey tut dies seit 1997, zuletzt 2013. Beide kommen zum Ergebnis, dass es zu jeder Zeit etwas mehr Skeptiker als Vertrauensvolle gibt, absolute Ablehnung oder Zuspruch aber selten sind. Die Behauptung, es sei ein breiter Aufstand gegen die "Lügenpresse" im Gange, stützen die Studien jedenfalls nicht.

Allgemein fragten die Mainzer Forscher auch nach dem Vertrauen in das Internet. Hier zeigt sich der größte Unterschied zum Vorjahr: Hielt 2016 noch etwa jeder Vierte das Netz für vertrauenswürdig, ist es 2017 nur noch jeder Zehnte. Auf ungenaue Fragen wie die nach "dem Internet" oder "den Medien" gibt es allerdings keine genauen Antworten. Auch sind die Befragten meist skeptischer als bei Detailfragen. Die Studie vermutet einen Zusammenhang mit der Debatte um Fake News und Hasskommentare im Netz und fragt weiter: Etwa drei von vier Befragten halten Fake News für eine echte Gefahr für die Gesellschaft. Eine ähnliche Sorge drückt sich in einer Umfrage der PR-Agentur Edelman aus, die in der vergangenen Woche beim Weltwirtschaftsforum veröffentlich wurde. Demnach fürchten weltweit sieben von zehn Personen, dass Fake News als Waffe benutzt werden könnten.

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Quelle:
SZ vom 01.02.2018
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