"Counterpart" mit J. K. Simmons:Putschgefahr im Paralleluniversum

Lesezeit: 2 min

Doppelagent: Howard, gespielt von Oscar-Preisträger J. K. Simmons, muss in einem Paralleluniversum eine Auftragskillerin stoppen. (Foto: Nicole Wilder/Starz)
  • Die Spionageserie Counterpart spielt in Berlin und einer Paralleldimension.
  • In der Hauptrolle ist Oscar-Preisträger J. K. Simmons zu sehen.
  • Counterpart bietet Spionagestoff mit Science-Fiction-Anstrich. Auch wenn es die Parallelwelt gar nicht braucht.

Von Carlotta Cornelius

"Was auch immer Sie tun, geraten Sie nicht in Panik", sagt Howards Vorgesetzter. Dann geht die Tür zum Verhörzimmer auf. Der Hausmeister führt eine vermummte Gestalt herein und drückt sie Howard gegenüber auf einen Stuhl, ehe er dem Fremden die Kapuze vom Kopf zieht. Howard blickt in sein eigenes Gesicht.

Was Howard (Oscar-Preisträger J. K. Simmons) zu diesem Zeitpunkt nicht ahnt: Die Behörde, für die er seit Jahren arbeitet, birgt in Wahrheit das Tor in eine Paralleldimension. Die ist durch ein missglücktes Experiment im Kalten Krieg entstanden und hat sich in den dreißig Jahren danach unabhängig vom Original weiterentwickelt. In der Auslegung der Serie heißt das: ein paar Hochhäuser mehr und eine marode Regierung an der Spitze. Als dann eine ausgebüxte Auftragskillerin von der "anderen Seite" in Howards Umfeld zu morden beginnt, nutzt sein Parallelwelt-Ich Howards Identität, um sie zu stellen. Das ist der Auftakt zu einer ganzen Reihe an Verstrickungen, in die der anfangs ahnungslose Howard hineingerät. Denn die andere Seite steht kurz vor einem Putsch und damit vor der Frage, wer zukünftig über den Pfad zwischen den beiden Welten verfügen darf.

Die Idee eines Paralleluniversums, das sich nur geringfügig von unserer Realität unterscheidet, ist nicht neu. Die Spionageserie Counterpart , die neu beim US-Streamingdienst Starz Play und damit auch für Abonnenten von Amazon Prime zu sehen ist, beschreitet Pfade, die nach Serien wie Star Trek, Fringe oder The Man In The High Castle recht ausgetreten erscheinen.

Das Ganze spielt im gegenwärtigen Berlin, dem Lieblingsdrehort aktueller Hollywood-Produktionen. Die Stadt fungiert als Alibi für den geschichtlichen Kontext und das kafkaeske Setting: Eine namenlose Behörde, Männer in identischen grauen Anzügen, die nicht wissen, was sie tun und warum sie es tun. Davon abgesehen ist ein Großteil der Protagonisten, so auch Howard, englischsprachiger Herkunft, und Counterpart könnte genauso in London oder Washington spielen.

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Nichtsdestotrotz: Wer angesichts der bedienten Klischees noch nicht anfängt zu gähnen, wird hier und da angenehm überrascht. Auch wenn das Gegenwarts-Setting die Serie nicht davon abhält, ihre Figuren in vorchristliche Röhren-PCs starren zu lassen, bietet die Serie mit ihrer prominenten Besetzung eine interessante Basis für den Spionagestoff mit Science-Fiction-Anstrich. Trotz Action-Sequenzen lässt sich Counterpart auch Zeit für die existenziellen und philosophischen Fragen danach, wie Erfahrungen die eigene Identität prägen und ob Menschen ihr Schicksal durch ihre Entscheidungen beeinflussen können oder nicht.

Dank dieser anfänglichen Entschleunigung kann die Serie in der ersten Folge noch darüber hinwegtäuschen, dass es die Parallelwelt für die Handlung eigentlich gar nicht gebraucht hätte. Diese fungiert mehr als unmerkliche Erweiterung der realen Welt denn als Handlungsquelle und erweckt den Eindruck, als wolle Counterpart den Spionagestoff mit dem Science-Fiction-Element bloß aufpeppen. Das wird spätestens dann deutlich, wenn die Handlung alle tiefschürfenden Fragen geklärt hat. Als Mini-Serienformat könnte Counterpart diese Hürde elegant umgehen. Allerdings hat Starz gleich zwei Staffeln im Voraus bestellt.

Counterpart , auf Starz/Amazon Prime.

© SZ vom 02.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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