Streaming: Familie in Gefahr:Unser Sohn, der Verbrecher

Lesezeit: 2 min

Miniserie über einen 14-Jährigen, der unter Mordverdacht gerät.

Von Theresa Rauffmann

"Mörder, verrotte in der Hölle", hat je-mand mit roter Farbe an die Garage der Bakers gesprüht. Der Vater Andy (Chris Evans) versucht vergeblich, die Sauerei zu entfernen, schließlich überstreicht seine Frau Laurie (Michelle Dockery) die Buchstaben, damit ihr Sohn Jacob sie nicht sieht. Denn ihm gilt Drohung. Jacob, 14 Jahre alt, wird verdächtigt, einen Klassenkameraden auf dem Schulweg in einem Waldstück erstochen zu haben. Dieser Jacob wird von Jaeden Martell gespielt, der schon in der Neuverfilmung von Stephen Kings Es als Stotter-Bill voll überzeugt. Auch in der Apple-Tv+-Serie Defending Jacob, die auf dem William Landays Roman basiert, füllt er die Rolle des mies gelaunten Teenagers, der sich des Ausmaßes des Verdachts nicht bewusst zu sein scheint, perfekt aus.

Jacobs Vater wird als Staatsanwalt auf den Fall angesetzt

Obwohl Jacob in den USA mit 14 Jahren das Erwachsenenstrafrecht blüht, schrecken ihn die möglichen Folgen einer Verurteilung kaum: Als ihn eine Psychologin fragt, wie es ihm geht, wenn er an den Tod seines Mitschülers denkt, antwortet Jacob nur, dass jeden Tag Menschen sterben. Seinen Kopf modelliert er auf das Bild eines Axtmörders und postet es trotzig in den sozialen Medien. Obendrein verschweigt er fortwährend seinen Eltern und seiner Anwältin wichtige Details. Eine zusätzliche dramatische Zuspitzung erfährt die Serie durch die Tatsache, dass ausgerechnet sein Vater der zuständige Staatsanwalt in dem Mordfall ist. Doch sobald Jacob in Verdacht gerät, wird er abgezogen. Die Eltern verlieren beide ihren Job und werden gemieden, weil ein Generalverdacht gegen sie erhoben wird, der sich erhärtet. Nicht unbedingt leichter machen es sich die beiden zudem dadurch, dass sie sich zwar gegenseitig beteuern, keine Geheimnisse voreinander zu haben - sich aber ständig Dinge verschweigen. Gleichzeitig stoßen sie auf immer mehr Ungereimtheiten, was Jacobs vorgebliche Unschuld betrifft. Während der Vater weiter Jacobs Unschuld glaubt, kommen bei der Mutter immer mehr Zweifel auf.

Dem Zuschauer geht es oft wie den Eltern: Durch perfide gestreute Hinweise verstehen es die Serienmacher, einen stetig in der Ungewissheit zu lassen, ob Jacob nun schuldig ist oder nicht. Sobald man zu wissen glaubt, wie es wirklich abgelaufen ist, entpuppt sich der Eindruck als Finte. Immer wieder wird in kurzen Takes ein Blick in die Zukunft geworfen: Der Vater ist auf der Anklagebank zu sehen. So wird der Zuschauer zusätzlich verunsichert, ob und was der Vater mit der Tat zu tun hat.

Defending Jacob erzählt von einem Mordfall, der nicht nur die Familie des Opfers, sondern auch die Familie des Verdächtigen extrem belastet und zu zerstören droht. Geschickt öffnet die Miniserie immer wieder Raum für neue Szenarien. Mit denen man im Zweifelsfall aber nie richtig liegt.

Defending Jacob , Apple TV+

© SZ vom 05.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: