Süddeutsche Zeitung

Satire über FPÖ-Erfolge:Hakenkreuzschnitzelskandalgeschrei

Rechtsgerichtete Österreicher empören sich über eine Schnitzel-Satire der "heute show", es gibt Anzeigen. Und FPÖ-Chef Strache beweist, wie schnell er seine Haltung um 180 Grad ändern kann.

Von Oliver Das Gupta

Für Österreich sind diese Tage und Wochen besonders stürmisch. Da ist der erste Durchgang zur Bundespräsidentenwahl, bei dem ein Rechtspopulist ein Drittel mehr Stimmen erhält als die Kandidaten der beiden Volksparteien zusammen.

Da ist die drastische Einschränkung des Asylrechts, mit der die Regierung das Land gegen Flüchtlinge per Notverordnung abschotten kann. Da ist der UN-Generalsekretär, der in einer leidenschaftlichen Rede im österreichischen Parlament der Regierung und den Abgeordneten diese Entscheidung vorhält.

Und da ist die Sache mit dem Schnitzel.

"Was ist verkehrt mit euch, liebe Nachbarn?", hatte die "heute show" nach dem Triumph der rechtsgerichteten FPÖ im Rennen ums höchste Staatsamt bei Facebook gefragt. Und dazu ein besonderes Schnitzel präsentiert: goldbraun, mit knuspriger Panade - in Hakenkreuzform. Die Satire-Sendung garnierte das Ganze mit dem Satz: "Österreicher wählen eben so, wie sie es vom Schnitzel kennen, möglichst flach und schön braun".

Ein kleines und sehr austriakisches Kapitel

Zehntausenden Facebook-Nutzern gefiel der deftige Gruß nach Wien. Doch der Aufschrei ließ nicht lange auf sich warten: In unzähligen Kommentaren in sozialen Netzwerken empörten sich Anhänger der FPÖ.

Die Partei des Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer habe rechtliche Schritte erwogen, sich dann allerdings dagegen entschieden, erklärte ein FPÖ-Pressesprecher. Ein ehemaliges Mitglied schritt allerdings zur Tat: Ein Jura-Student habe Anzeige erstattet, wie die Staatsanwaltschaft Mainz bestätigte. Dort ist der Sitz des Zweiten Deutschen Fernsehens, das die "heute show" ausstrahlt.

Die Aufregung um das Schnitzel ist ein weiteres Kapitel in der Debatte um mutmaßliche oder tatsächliche Schmähungen von Staatsoberhäuptern (oder solchen in spe) und um die Freiheit von Meinung und Satire. Es ist ein kleines und sehr austriakisches Kapitel, das eine genauere Betrachtung verdient. Denn die Causa schließt sich an die Diskussion um das ebenfalls vom ZDF ausgestrahlte Schmähgedicht von Jan Böhmermann auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan an.

180-Grad-Wende des Möchtegern-Kanzlers

Heinz-Christian Strache, der Chef der FPÖ, hat sich klar verortet. Am 15. April polterte der Mann, der österreichischer Bundeskanzler werden will, gegen die Entscheidung von Angela Merkel, die Ermittlungen gegen Böhmermann nach Paragraf 103 des deutschen Strafgesetzbuches zuzulassen. Das sei ein "Skandal", schrieb Strache bei Facebook. "Das hat mit Meinungsfreiheit, Freiheit der Kunst und Demokratie alles nichts mehr zu tun!"

Straches Pose als lautstarker Verteidiger der Satire löste sich urplötzlich auf, als das Schnitzel auf der Bildfläche erschien. Strache zeigte eine bemerkenswerte Wende um 180 Grad (wie der SPÖ-Kanzler Werner Faymann in der Flüchtlingspolitik):

Nun prangerte er die Satire an: "Solche primitiven Beschimpfungen, Verhetzungen und Beleidigungen durch ein BRD-Staatsmedium (ZDF) lassen sich die Österreicher zu Recht nicht gefallen!", postete er am 27. April bei Facebook. Immer wieder thematisiert er die Montage der "heute show" in seiner Timeline. Der Rubikon der Satire scheint für Strache überschritten zu sein.

Dass Böhmermanns Show ebenfalls beim ZDF läuft, ist dem FPÖ-Boss offensichtlich wurscht. Und zwar fast so wurscht wie die SS-Vergangenheit der ersten beiden FPÖ-Chefs, über die er beim Parteijubiläum unlängst wortreich geschwiegen hat.

So ein Hakenkreuz-Schnitzel hat also mit Meinungsfreiheit, Freiheit der Kunst und auch mit Demokratie durchaus zu tun. Aber womöglich noch mehr mit der FPÖ.

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