"Stern"-Chefredakteur Wichmann:Symbolträchtiger Rauswurf

Dominik Wichmann - Wechsel an der Spitze des Magazins ´Stern"

Der bisherige Stern-Chefredakteur Dominik Wichmann erfuhr angeblich von recherchierenden Journalisten von seiner Ablösung.

(Foto: dpa)

Dominik Wichmann hat als "Stern"-Chefredakteur einiges bewegt, doch sein strikt durchgezogener Umbau des Heftes kam nicht überall an. Jetzt verliert er seinen Posten - an einem Tag, an dem er seinem Reformauftrag besonders gerecht werden wollte.

Von Claudia Fromme

Erst war es ein Gerücht, jetzt ist es Gewissheit: Dominik Wichmann muss seinen Posten als Chefredakteur beim Stern räumen. Nach nur 15 Monaten im Amt wurde ihm an diesem Donnerstag vom Vorstand von Gruner + Jahr überraschend mitgeteilt, dass er ab sofort nicht mehr das Flaggschiff des Hamburger Verlages führen wird.

Als Nachfolger steht Christian Krug bereit, derzeit Chefredakteur bei der Illustrierten Gala, die auch bei G + J erscheint. Starten wird er im Oktober, bis dahin soll Herausgeber Andreas Petzold beim Stern die Geschäfte führen.

Zu den Gründen für die Absetzung machte der Verlag keine Angaben, er teilte lediglich mit, das der Vorstand sich "in Trennungsgesprächen" mit Wichmann befinde.

Vorstandsvorsitzende Julia Jäkel lobte den 42-Jährigen in einer Mitteilung und vor der Redaktion aber wortreich als einen Chefredakteur, der beim Stern "wichtige Impulse" gesetzt habe und "mit großem Elan und viel Energie das journalistische Profil gestärkt, sein Gesicht modernisiert und ihm neue Frische gegeben" habe. Wichmann verlasse den Stern mit "bester Reputation".

Der Rauswurf an diesem Donnerstag ist durchaus symbolträchtig. Wichmann präsentierte da zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres einen optisch wie inhaltlich überarbeiteten Stern.

Strikt durchgezogener Umbau

Das ist viel für ein Magazin, das seit 66 Jahren existiert und immer ein sehr prägendes Gesicht hatte. Andererseits war Wichmann im Mai 2013 nach seiner Zeit als Stellvertreter von Thomas Osterkorn und Andreas Petzold mit genau dem Auftrag zum alleinigen Chefredakteur befördert worden, die alte Wundertüte Stern zu reformieren.

Wer das angehen will, muss Strukturen reformieren. Wichmann, der als Chefredakteur des Magazins der Süddeutschen Zeitung zum Stern gekommen war, baute radikal um, löste Ressorts auf, zog neue Hierarchieebenen ein - und schaffte alte ab. Die Blattreform kam in Redaktion und Vorstand größtenteils gut an, der strikt durchgezogene Umbau nicht überall.

Redaktionsbeirat zeigt sich "schockiert"

Bei allem Lob für Wichmann an diesem turbulenten Tag in Hamburg monieren einige Mitarbeiter auch eine mangelnde Nähe des Chefredakteurs zu seiner Mannschaft, die es aber brauche, um so einen Prozess in Zeiten sinkender Erlöse im Printmarkt gemeinsam zu bewältigen.

Die Redaktion war von der neuen Personalie an der Spitze ebenso überrascht wie Wichmann selbst, der angeblich erst Donnerstagfrüh von recherchierenden Journalisten von seiner Ablösung erfuhr. Eilends wurde eine Vollversammlung der Redaktion einberufen, bei einer zweiten Zusammenkunft informierte Julia Jäkel dann die Redakteure über den Wechsel an der Spitze, der durch die Gerüchte angeblich sehr beschleunigt worden sein soll.

Der Redaktionsbeirat zeigte sich "schockiert" von der Art und Weise, wie die Abberufung bekannt wurde, kündigt aber auch an, dass man den von Wichmann "begonnenen Erneuerungsprozess" unbedingt fortführen wolle.

Der designierte Chefredakteur Christian Krug, 48, teilte am Donnerstag mit, dass er sich freue, in seine "journalistische Heimat" zurückzukehren. Und Julia Jäkel erklärte vor der Redaktion, dass von ihm "kein Auflagenwunder" erwartet werde, zumal der Vorstand auch mit der Auflage von Wichmann, die bei 750.000 verkauften Magazinen liegt, zufrieden gewesen sei.

"Weil Arbeit nicht alles ist"

Krug, der seit Ende 2012 Gala verantwortet, hat in vielen Redaktionen gearbeitet. Er war bei der Hamburger Morgenpost, bei Spiegel-TV, war Chefredakteur der Zeitschrift Max und verantwortete bei Gruner + Jahr die Kundenmagazine der Lufthansa. Beim Stern arbeitete er als München-Korrespondent, stellvertretender Ressortleiter Kultur und Unterhaltung und zuletzt 1999 als Ressortleiter "Deutschland Aktuell".

Während die Redaktion noch von Versammlung zu Versammlung eilte, packte Wichmann schon seine Dinge im Büro am Baumwall zusammen. Bei Facebook wies er am Nachmittag dann noch auf ein "passendes" neues Produkt aus der Reihe Stern Extra hin. Auf der Titelseite steht die Geschichte: "Träume leben - weil Arbeit nicht alles ist".

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