Statt Tatort:Fischregen

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Wenn die Kommissare Zorn und Schröder in Halle ermitteln, stellt sich die verborgene Sinnfrage aller "Tatorte": Kann es gelingen, in 90 Minuten die gute Ordnung wiederherzustellen? Folge 1 der neuen Sommerkolumne.

Von Christoph Fuchs

Der Tatort macht Sommerpause, das Erste zeigt nur Wiederholungen. Jetzt kann man endlich mal andere Krimis schauen. Denn: Auch andere Sendeplätze haben schöne Ermittler.

Hat dieses ganze Ermitteln überhaupt einen Sinn? Die Frage aller Fragen für TV-Krimis. Kommissar Zorn ist da eher skeptisch: "Die meisten gehen uns durch die Lappen." Zorn (Stephan Luca) ist einer dieser mit der Lederjacke verwachsenen Antihelden, wie man sie auch beim Tatort schätzt. Er mag keine Waffen, kann den Anblick von Leichen nicht ertragen und vor allem: er hasst Fisch. Was zumindest bei diesen Ermittlungen sein vielleicht größtes Handicap ist, denn "Kalter Rauch" beginnt mit einem Fischregen über der Innenstadt von Halle. "Kalter Rauch" heißt übrigens zufällig auch die Folge von Kommissarin Lucas, die das ZDF am Samstag zeigt. Da liegt sozusagen was in der Luft.

Wem der Fischregen merkwürdig vorkommt, der sei darauf hingewiesen, dass danach noch ein Elefant namens Bertram seinen gleichnamigen Zoo-Pfleger niedertrampelt, weil im Heu eine Überdosis Crystal Meth lag. Da kommt einiges zusammen für Zorn und seinen umgänglicheren Kollegen Schröder (Axel Ranisch). Im Kern aber geht es darum, dass ein künstliches Hüftgelenk gefunden wird, das mutmaßlich der verschwundenen Ehefrau eines Achtziger-Popstars gehört, überzeugend gespielt von Devid Striesow, Tatort-Freunden bekannt als Kommissar Stellbrink aus dem Saarland. Ansonsten erinnert der Fall eher an den Weimar-Tatort, wobei die Dialoge wütender und weniger wortgewandt sind - es hat schon einen Grund, warum der Kommissar hier Zorn heißt und nicht Lessing.

Die vielen Wendungen des Films sind unterlegt von der Frage, ob es zu viel verlangt ist, in 90 Minuten die Ordnung wiederherstellen, was der ARD-Sonntagskrimi sonst ja hinkriegen muss. "Verschwendete Lebenszeit", polterte Marco Tullner, Bildungsminister in Sachsen-Anhalt, nach der Erstausstrahlung 2017. Der MDR entschied, diesem fünften Fall von Zorn keinen weiteren hinzuzufügen. Das weiß Zorn noch nicht, als er am Ende vom Schrottplatz geht, er findet trotzdem passende letzte Worte: "Man muss sich damit abfinden."

Zorn, Das Erste, Sonntag, 21.45 Uhr.

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