Süddeutsche Zeitung

"Stargirl" bei Sky:Heldenhafte Familientherapie

Lesezeit: 2 min

In der Serie "Stargirl" kommt die Heldin aus der Lebenswelt einer Teenagerin. Ist das eine neue, nur gut verkleidete Geschlechterungerechtigkeit?

Von Nicolas Freund

Was ist für Teenager schlimmer als Eltern? Stiefeltern natürlich. Courtney Whitmore ist mit ihrer Patchworkfamilie von Kalifornien nach Nebraska gezogen, also praktisch ans Ende der Welt. Nicht mal einen "In-N-Out-Burger" gibt es hier, quengelt der kleine Stiefbruder, der nie seinen Nintendo aus der Hand legt. In der neuen Schule sitzt Courtney am Loser-Tisch. Und schuld ist natürlich der Stiefvater, dieser Karohemden tragende Mechaniker, den sich die Mutter unbedingt anlachen musste. Der wollte mit ihnen zurück in das Kaff Blue Valley ziehen. Courtneys Laune ist, selbst nach Teenagermaßstäben, am Tiefpunkt angekommen.

Stargirl ist eine Serie aus dem DC-Universum, das trotz Marken wie "Batman" und "Superman" dem Konkurrenten Marvel immer etwas hinterherhinkt. So auch beim Thema Diversität, das bei Marvel mit "Black Panther", "Captain Marvel", "Jessica Jones" und anderen ziemlich ernst genommen wurde, während sich bei DC noch immer Batman und Superman kloppen, als hätte die Welt nie auf etwas anderes als zwei streitende Bodybuilder gewartet. Gut, es gibt auch noch "Wonder Woman". Aber die Macher von Stargirl müssen gemerkt haben, dass es noch nicht damit getan ist, einfach eine Frau in ein Kostüm zu stecken und sie den gleichen Quatsch wie die Männer aufführen zu lassen. Stargirl versucht deshalb, und das macht die Serie besonders, die Heldenfigur aus der Lebenswelt einer Teenagerin zu entwickeln: Probleme mit den Eltern, Freunde finden und Cybermobbing in der High School sind für Courtney genauso große Themen wie galaktische Superfieslinge.

Es geht um Brüche in der Familie, aber auch in der Gesellschaft

Wenigstens etwas besser wird Courtneys Laune, als sie im Keller des neuen Zuhauses einen Zauberstab findet. Der gehörte einst Starman, die Serie lässt das Mädchen hier also ziemlich deutlich ein männliches Erbe antreten. Ist aber kein Problem, denn Courtney macht die ganze Geschichte schnell zu ihrem Ding, lernt fliegen und kämpfen und was Superhelden eben so alles machen. So weit, so bekannt, egal ob Mann oder Frau hinter der Maske stecken. Am wichtigsten ist aber: Courtneys Stiefvater bekommt das alles mit - und weiß genau, worauf sie sich einlässt, denn er war einst der Sidekick von Starman. Gemeinsam kämpfen sie gegen eine Organisation, die allen Ernstes "Injustice Society of America" heißt. Sie selbst gehören natürlich der "Justice Society of America" an. Keine Sorge, Courtney findet das auch albern. Leichtfüßig wendet die Serie das Heldenkonzept auf die Patchworkfamilie und die Probleme an, die solche zusammengewürfelten Beziehungen mit sich bringen, und hat gleich auch noch eine Lösung parat: ein gemeinsames Projekt für (Stief-)Eltern und (Stief-)Kinder.

Es geht um Brüche in der Familie, aber auch in der Gesellschaft, denn diese Injustice Society trägt mit üblem Profitdenken und konservativem Habitus ziemlich deutlich republikanische Züge, während Courtneys Familie natürlich total bodenständig ist und die Mutter sich sogar für das lokale Theater einsetzt. Das muss man nicht überinterpretieren, aber die Serie lässt hier ziemlich klar ein gespaltenes Amerika seine Konflikte austragen.

Ist das eine neue, nur gut verkleidete Geschlechterungerechtigkeit? Superheldinnen müssen nicht nur wie ihre männlichen Kollegen das Universum retten, sondern auch noch Familien und Gesellschaft zusammenhalten? Ja, kann man so sehen. Aber genau deshalb sind sie auch interessanter als die Männer.

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