Staffel-Finale von "Homeland":Chance aufs Überleben

Lesezeit: 3 min

In den USA ist die dritte Staffel von Homeland zu Ende gegangen. (Foto: 20th Century Fox International Television)

In manchen amerikanischen Serien wird dieselbe Geschichte so lange weitergesponnen, bis sie jede innere Logik verliert. "Homeland" ist mit dem Finale seiner dritten Staffel dieser Gefahr entgangen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Achtung, Spoiler!

Sollten Sie die letzte Folge der dritten Staffel von "Homeland" noch nicht gesehen haben, dann lesen Sie bitte nicht weiter. In diesem Text werden einzelne Handlungsstränge verraten und diskutiert, darunter das Ende der Staffel.

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Es gehört zu den billigen und mittlerweile recht nervigen Tricks von Fernsehserien, wenn am Ende einer Staffel suggeriert wird, dass einer der Protagonisten gestorben sein könnte - und eben jene Figur zu Beginn der nächsten Spielzeit putzmunter wieder auftaucht. Vielleicht war es dem amerikanischen Bezahlsender Showtime deshalb ein Bedürfnis, noch am Sonntagabend eine Erklärung abzugeben: Jawohl, Nicholas Brody ist tot!

Brody ist einer der Protagonisten der vielfach ausgezeichneten Fernsehserie Homeland, eine der faszinierendsten Figuren im Fernsehen der vergangenen Jahre. Ein ehemaliger Soldat der Marines, der äußerlich wie innerlich versehrt aus dem Krieg zurückkehrt. Der aufsteigt vom Kriegshelden zum möglichen Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, obwohl er ein Terrorist und Doppelagent ist. Ach ja: Er ist zwischenzeitlich auch noch drogensüchtig und romantisch verbandelt mit der zweiten Hauptfigur der Serie, der CIA-Mitarbeiterin Carrie Mathison.

So einen bringt man nicht einfach um - vor allem nicht so. Es ist zwar eine überaus beeindruckende Szene während der letzten Episode der dritten Staffel, die am Sonntagabend in den Vereinigten Staaten ausgestrahlt worden ist. Brody wird in Iran als Verräter gehängt, Mathison wohnt der Hinrichtung bei, in ihrem Bauch trägt sie sein Kind. Brady sieht noch einmal zu Mathison, dann stirbt er.

Jedoch: Diesen Moment gibt es nicht am Ende der Folge, als schockierenden Schluss, als dramatischen Höhepunkt. Es passiert mittendrin, kurz vor einer Werbepause. Danach gibt es einen 20 Minuten dauernden Epilog, durch den der Zuschauer vermittelt bekommt: Die Liebesgeschichte zwischen Brody und Mathison ist vorbei. Es geht weiter. Endlich.

Jede Folge könnte die letzte sein

Fernsehserien wird heutzutage kaum noch Zeit gegeben, Handlung und Charaktere zu entwickeln. In Zeiten, in denen manche Projekte bereits nach der Pilotfolge eingestellt werden, könnte jede Episode die letzte sein - also wird in beinahe jeder Folge so getan, als wäre sie die letzte.

Genau das war die Stärke von Homeland in den ersten beiden Staffeln, genau deshalb wurde die Serie im Jahr 2012 als bestes Drama mit einem Emmy ausgezeichnet, genau deshalb erhielt Claire Danes für ihre Interpretation der manisch-depressiven Carrie Mathison den Preis als beste Hauptdarstellerin in den vergangenen beiden Jahren, genau deshalb gewann Damian Lewis (als Brody) vor zwei Jahren in der Kategorie "bester Hauptdarsteller".

Die Paranoia der Protagonisten übertrug sich langsam auf die Zuschauer, natürlich war die Geschichte abgedreht, überspitzt, bisweilen unrealistisch, doch sie behielt ihre innere Logik. Die Spannung war unerträglich - und wurde kurz darauf noch unerträglicher. Nur: Was passiert, wenn die Handlung erzählt ist, wenn jeder weitere Strang nur dafür sorgt, dass eine formidable Geschichte jede innere Logik verliert?

Das ist zuletzt immer wieder passiert im amerikanischen Fernsehen: Aufgrund des Erfolgs wird eine Serie verlängert, auch wenn die Handlung gegen eine Wand gefahren ist. Das war so bei Dexter, es war so bei Prison Break - gerade ist es bei How I Met Your Mother zu beobachten. Die letzte Spielzeit der Sitcom ist bislang eine reine Füllstaffel.

So verhielt es sich auch mit der dritten Staffel von Homeland. Die Verantwortlichen der Serie konzentrierten sich derart auf die Beziehung zwischen Mathison und Brody - obwohl die beiden kaum gemeinsam zu sehen waren -, dass bisweilen verloren ging, was die Serie zwei Spielzeiten lang gewesen ist: eine atemberaubende Geschichte über Geheimdienste und Terrorismus, ein bizarres Porträt der Vereinigten Staaten.

Rückkehr von Produzentin Meredith Stiehm

Diese Veränderung lag womöglich daran, dass Produzentin und Autorin Meredith Stiehm Homeland nach der zweiten Staffel verlassen hatte, um sich um ihr neues Projekt The Bridge zu kümmern. Nach wildem Fan-Furor über die Entwicklung von Homeland holten die Verantwortlichen Stiehm vor wenigen Wochen zurück, sie wird von der vierten Staffel an ausführende Produzentin sein und wäre auch an einer möglich fünften Spielzeit beteiligt.

Wichtiger jedoch: Sie schrieb gemeinsam mit Alex Gansa das Finale der dritten Staffel mit der wichtigen Botschaft, dass nun sowohl Carrie Mathison als auch die komplette Serie vom Ballast der Figur Nicholas Brody befreit sind.

"Wo immer man auch hinkommt: Menschen sterben", muss sich Brody in der dritten Staffel einmal anhören: "Aber du schaffst es, immer wieder zu überleben - wie eine Kakerlake bei der Explosion von Atombomben." Die Kakerlake ist nun tot. Homeland jedoch hat genau deshalb die Chance, noch ein paar Spielzeiten zu überleben.

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