Sportrechte:Olympia nun doch bei ARD und ZDF?

Lesezeit: 4 Min.

Olympische Emotionen wie hier in Vancouver haben ARD und ZDF viele Jahre lang zu guten Quoten verholfen. 2016 schienen die Spiele plötzlich verloren. (Foto: AP)

Die Olympischen Winterspiele 2018 könnten offenbar doch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen laufen. Verhandlungen mit dem Medienkonzern Discovery sollen kurz vor dem Abschluss stehen.

Von Caspar Busse, Max Hägler und Claudia Tieschky

Holger Stromberg hat in einem unscheinbaren Hinterhof in München ein trendiges Loft eingerichtet. Hier in der sogenannten Kounge bekocht der Starkoch, der zehn Jahre lang auch im Dienst der deutschen Fußball-Nationalmannschaft stand, exklusiv seine Gäste. Und hierher hatte Eurosport Mitte Mai eingeladen, um Großes zu verkünden.

Der Privatsender präsentierte mit vielen bunten Filmchen seine Pläne für die Olympischen Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang im Februar 2018. Aus der Zentrale in Paris war extra Konzernchef Peter Hutton gekommen, in der ersten Reihe saß die ehemalige Eisschnellläuferin Anni Friesinger-Postma. Sie wurde zusammen mit Turn-Olympiasieger Fabian Hambüchen als neue Eurosport-Expertin verpflichtet. "Es wird mehr Olympia geben als je zuvor", versprach Deutschland-Chefin Susanne Aigner-Drews. Es sei ein neues Olympia-Erlebnis geplant. Ein neues Olympia-Erlebnis, das bedeutete seit dem spektakulären Rechtekauf durch die Eurosport-Mutter Discovery im Juni 2015 auch eine Neuaufteilung der Fernsehwelt: Die Spiele sollten im Privatfernsehen laufen - und nicht mehr bei ARD und ZDF.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
:Eurosport muss die Distanz zum Sport wahren

Inszenierung, Doping, Ränkespiele - ARD und ZDF machen die dunklen Seiten des Leistungssports zum Thema. Die Ankündigungen des neuen Rechteinhabers klingen eher nach Kuschelkurs.

Von Holger Gertz

Das ist offenbar überholt. Im Moment sieht nach SZ-Informationen alles danach aus, dass die Olympischen Spiele nun doch weitgehend bei den beiden öffentlich-rechtlichen Sendern laufen werden. Die Verhandlungen mit dem Eurosport-Mutterkonzern Discovery für eine Sublizensierung, zunächst für 2018, stünden kurz vor dem Abschluss, heißt es aus beteiligten Kreisen. Endgültig unterschrieben sei zwar noch nichts, aber es sei sehr sicher, dass kommenden Winter ein Großteil der Spiele im Gebührenfernsehen zu sehen sein werden. Die beiden öffentlich-rechtlichen Sender treffen angeblich bei der Planung bereits Vorbereitungen für die Übertragung aus Südkorea, die Zeit drängt. Die Vorläufe sind üblicherweise deutlich länger als ein Dreivierteljahr. In den Sendern müssten bei Vertragsabschluss auch noch Gremien zustimmen.

Olympia auf mehr Bildschirmen für mehr Menschen

Eine offizielle Bestätigung gibt auf Anfrage keiner der beteiligten Partner; ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky teilt mit: "Wir befinden uns nach wie vor in Gesprächen. Aus diesem Grund können wir derzeit nicht mehr dazu sagen." Auch vom ZDF ist nur zu erfahren, es würden Gespräche geführt. Discovery bestätigte ebenfalls Gespräche - und Sympathie für das deutsche Gebührenfernsehen: Es sei immer ein Anliegen gewesen, "mit Partnern zusammenzuarbeiten, die die Olympischen Spiele so wertschätzen wie wir". Das Ziel sei, die Olympischen Spiele mehr Menschen auf mehr Bildschirmen als je zuvor zugänglich zu machen. Und: "In Deutschland haben ARD und ZDF eine lange Tradition im Hinblick auf die Ausstrahlung der Olympischen Spiele und Zuschauer wie auch Partner haben Respekt vor dem Wissen und der Erfahrung, die sie hier einbringen können." Man habe die Sender auch zu einer Besichtigung der olympischen Spielstätten in Südkorea eingeladen. Wie ein Dementi klingt das nicht.

Wie viel von den Spielen Eurosport im Fall einer Sublizensierung selbst zeigen will - in seinem frei empfangbaren sowie seinem Bezahlangebot - ist unklar. In Deutschland plante der Sender bislang damit, dass die kommenden Winterspiele vor allem auf den frei empfangbaren Konzernsendern Eurosport, Dmax und TLC gezeigt würden, Eishockey im Bezahlsender Eurosport 2. Es gab bereits ein konkretes Programmschema für die zwei Olympia-Wochen im Februar.

Öffentlich-rechtliches Fernsehen
:Was ARD und ZDF mit den gesparten Olympia-Ressourcen machen müssen

Wenn die Sender beweisen, dass sie auch ohne Olympia sehenswert sind, werden sich die Lizenzhändler umgucken.

Kommentar von Hans Hoff

Discovery hatte die Fernsehrechte an den vier Olympischen Spielen von 2018 bis 2024 für ganz Europa erworben und dafür die Summe von 1,3 Milliarden Euro bezahlt. Für ARD und ZDF, die bislang alle Olympischen Spiele in Deutschland gezeigt und damit eine gute Resonanz erzielt haben, war das ein Schock - aber nicht nur für die öffentlich-rechtlichen Sender. Sportverbände sorgten sich um Reichweitenverluste für ihre Leistungsschau; auch die Frage, ob ARD und ZDF ohne die Spiele weiter kontinuierlich über die olympischen Sportarten berichten oder doch ihr Programm dort reduzieren würden, trieb viele um. Auch ob der Spartensender Eurosport ebenso nachhaltig über die politische Lage in den Austragungsländern oder investigativ über Doping berichten würde, war fraglich. "Wir glauben fest an die Integrität und das Fair Play bei allen Sportarten", sagte Eurosport-Chef Peter Hutton in diesem Januar und zerstreute damit nicht gerade die Bedenken.

Praktisch sofort nach dem Rechtekauf durch die Amerikaner begann auch das Werben von ARD und ZDF um eine Sublizensierung, doch die Verhandlungen gestalteten sich schwierig. Im vergangenen Herbst wurde offiziell das Scheitern verkündet. Das lag auch an den Preisvorstellungen von Discovery. ARD und ZDF waren nicht bereit, die geforderte Summe zu zahlen. Offenbar wurde dann auch mit privaten Sendern gesprochen, aber auch ohne Erfolg. Dass man sich nun doch wieder an einen Tisch setzte, habe vor allem zwei Gründe, heißt es. Zum einen hat Discovery offenbar festgestellt, dass die Kosten für die Rechte und die Produktion mit einer Ausstrahlung nur auf den eigenen Sendern - die auch noch über eine geringere Reichweite verfügen - so nicht refinanzierbar seien. Olympische Winterspiele, noch dazu angesichts der Zeitverschiebung mit Entscheidungen zu ungünstigen Tageszeiten, gelten, anders als in der Fußball-Champions-League und bei Weltmeisterschaften, nicht als besonders attraktiv für die Werbeindustrie.

Auf der anderen Seite sind auch ARD und ZDF zunehmend unter doppeltem Druck. Einerseits, weil bei knappen Etats und Sparmaßnahmen die Ausgaben für Sportrechte nicht leicht zu rechtfertigen sind. Andrerseits, weil dem Programm wichtige Rechte im Spitzensport verloren gingen. Das ZDF zeigt von Sommer 2018 an nicht mehr die Champions-League - und sparte damit geschätzt 50 Millionen Euro pro Saison. Ausgewählte Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft haben ARD und ZDF an RTL abgeben müssen. Dazu kommt die Konkurrenz von neuen Streaming-Anbietern, die mit Macht in den Markt drängen. Und dann auch noch kein Olympia mehr? Dagegen fassten diejenigen schon Hoffnung, die sich für ARD und ZDF einen Ausstieg aus den ständigen Bieterwettkämpfen um Sportrechte wünschten. Auf einmal sind beide Sender wieder mittendrin.

© SZ vom 28.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: