Sportfernsehen:Noch mehr Bälle

Herrsching: VOLLEYBALL 1. Bundesliga - GCDW v Berlin Recycling Volleys (Alba)

Volleyball-Bundesliga: Künftig live dank Privatfernsehens.

(Foto: Johannes Simon)

Die Pro-Sieben-Sat-1-Gruppe übernimmt die Mehrheit am Verbandsportal sportdeutschland.tv. Künftig wird der Privatsender-Konzern damit auch "Randsportarten" wie Judo oder Volleyball zeigen. Es soll ein Geschäft werden.

Von Korbinian Eisenberger

Bilder von Volleyballerinnen, Judo-Kämpfern oder Badmintonspieler gibt es selten zu sehen im TV. In der Regel nur, wenn die Sportwelt sich bei Olympia trifft und ARD und ZDF - zumindest war das bisher so - rund um die Uhr senden. Wenn das olympische Feuer erlischt, verschwinden die Sport-Asse wieder in den heimischen Ligen. Bisher verirren sich dorthin nur selten Kamerateams. Das soll sich jetzt ändern.

Die Pro-Sieben-Sat-1-Gruppe (P7S1) übernimmt künftig einen Großteil des Online-Sportsenders sportdeutschland.tv, um dort - so heißt es - nahezu ausschließlich Randsportarten und Behindertensport zu zeigen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), bisher Hauptteilhaber an sportdeutschland.tv, tritt 57,5 Prozent der Anteile an das Medienunternehmen ab. Das Bundeskartellamt hat das Vorhaben mittlerweile bestätigt. Der Verband habe festgestellt, "dass wir kein Produzent sind", erklärte DOSB-Vizepräsident Stephan Abel. Erst vor einem Jahr hatte der DOSB das Portal in Eigeninitiative gestartet - Bekanntheit hat das Projekt kaum gewonnen. Neben internationalen Ereignissen wie etwa der Beachvolleyball-WM werden dort deutsche Meisterschaften oder Ligawettkämpfe in Sportarten wie Judo oder Tischtennis gesendet. 70 Sportarten werden bislang als Livestream und On-Demand-Videos angeboten, gefilmt von den Sportverbänden, produziert von etwa zehn Mitarbeitern der zuständigen DOSB New Media GmbH. Bei größeren Ereignissen wird auch Filmmaterial von TV-Teams eingekauft und dann von sportdeutschland.tv kommentiert. Ein kleinteiliges, wie ehrgeiziges Projekt, das wohl zu groß für den Sport-Dachverband war.

Dass jetzt aber ausgerechnet ein Medienkonzern einsteigt, der abseits der Fußballsendung ran bislang vor allem auf Blockbuster, Familienshows und Modelwettbewerbe setzt, wirkt zumindest ungewöhnlich.

Die Übernahme von sportdeutschland.tv sei eine logische Fortsetzung einer Onlinestrategie, heißt es bei der Medien-Gruppe aus München. Bereits seit längerem kooperiere P7S1 mit Onlineplattformen wie myvideo, das virtuellen Sport zeigt, ein ganz neues Phänomen, das teils mehr als eine Million Live-Zuschauer hat. Auch der Youtube-Star LeFloid, der gerade Kanzlerin Merkel interviewen konnte, wird von P7S1 vermarktet. "Unsere digitalen Plattformen finanzieren sich über Werbung oder Abozahlungen", sagte ein Sprecher, "damit erreichen wir bereits ein Millionenpublikum." Und der echte Sport soll noch mehr Zuschauer und damit Umsätze bringen, auch wenn er bis auf weiteres kostenfrei versendet wird. Aber wird das Portal den Auftrag erfüllen, den sich das öffentlich rechtliche Fernsehen auf die Fahnen schreibt, nämlich die Breite des Sports in Deutschland abzubilden? Nun, bislang haben ARD und ZDF dabei gar nicht besonders geglänzt. Immer wieder bemängeln Mitglieder des Sportausschusses im Bundestag, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihrem Auftrag immer weniger nachkommen. Zwar haben ARD und ZDF gerade den sogenannten "TV 32"-Vertrag mit den 32 größten deutschen Sportverbänden verlängert. Die damit verbundenen Übertragungsrechte für manche Ligen und Sportarten, so der Vorwurf, nutzten die Sender jedoch recht spärlich, oft lediglich in den dritten Programmen. Die Ausschussvorsitzende Dagmar Freitag kritisiert, dass die Sender von den Sportverbänden mitunter sogar die Übernahme von Übertragungskosten verlangten.

Vorwürfe, gegen die sich das ARD und ZDF verwehren. Der Sender übertrage "regelmäßig die ganze Bandbreite des Sports", heißt es vom ZDF. Etwa live von der Deutschen Meisterschaft der Leichtathleten am kommenden Wochenende in Nürnberg oder von der Schwimm-Weltmeisterschaft. Das allerdings sind die Perlen des Randsports. Vielleicht auch deshalb erklärt ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz, dass er sportdeutschland.tv "als eine interessante Ergänzung" sehe - und es mit Interessenten am Rechtebestand "eine Zusammenarbeit geben" werde.

Wobei sich diese wohlwollende Haltung ändern könnte: Nach derzeitigem Stand sind die Olympischen Spiele ab dem Jahr 2018 nur noch bei Eurosport zu sehen. In ARD und ZDF werden damit Sportsendeplätze frei - die sich mit Randsport füllen ließen.

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