Süddeutsche Zeitung

Spielfilm:Wischen für den Tourismus

"Curling für Eisenstadt" ist nur fast ein typischer Sportfilm. Genau deswegen überzeugt die Komödie über eine Touristik-Managerin mit unkonventioneller Marketing-Strategie - Gags hin oder her.

Von Johanna Hinterholzer

Eisenstadt braucht mehr Wintertouristen. Die 35-jährige Touristik-Managerin Vicky konzipiert dafür eine unkonventionelle Marketing-Strategie: Sie will die Curling- WM der Damen in die österreichische Kleinstadt holen. Dem muss aber der Präsident des Curling-Verbands zustimmen, und der will nur, wenn ein Team aus Eisenstadt für Österreich bei der WM antritt. Vicky (Katharina Straßer) muss dafür nicht nur eine Curling-Mannschaft auf die Beine stellen, sondern auch gegen das Top-Team aus Kitzbühel gewinnen.

Curling für Eisenstadt folgt damit dem klassischen Handlungsbogen eines Sportfilms: Eine charismatische Trainerin trimmt eine aussichtslose Mannschaft zu Hochleistungen. Sportgeräte und Trainingsstätte werden ohne finanzielle Mittel, aber mit viel Einfallsreichtum arrangiert. Kurz vor dem großen Wettkampf kriselt es. Aber egal ob Liebeskummer oder Verletzungen, eine motivierende Ansprache vom Coach heilt alle Wunden. Und beim großen Wettkampf am Ende siegen genregemäß die Werte Fairness und Freundschaft.

Obwohl Curling für Eisenstadt so perfekt in die Schablone passt, unterscheidet die Komödie sich von anderen Sportfilmen. Man hat hier weder mit einer Mannschaft aus Fußball-Football-Teenie-Jungs zu tun, noch mit Cheerleader-Mädchen. Stattdessen widmen sich die Drehbuchautoren Marc Schlegel und Peter Hengl einer anderen demographischen Gruppe und machen vier Frauen mittleren Alters zu den Hauptfiguren. Die wahre Stärke des Films liegt darin, dass er dem Genre trotzdem treu bleibt und altbewährte Erzählstrategien auf eigene Weise für sich nutzt.

Auch die Charaktere halten an Stereotypen fest. Trainerin Petra etwa kommt aus Ostdeutschland und war selbst Profi-Curlerin. Die Erinnerungen an ihre gescheiterte Karriere ertrinkt sie in Alkohol. Mögen solche Persönlichkeiten noch so oberflächlich und überzeichnet sein - aus ihnen entstehen in Curling für Eisenstadt eine amüsante Handlung und leichte Gags. Dass man mit den Figuren mitfiebert, liegt nicht zuletzt an den schauspielerischen Leistungen des Ensembles. Sie schaffen es, kitschige Szenen ohne Ironie zu zeigen, und werden dadurch rührend authentisch. Da versöhnt sich Vicky mit ihrer Mitspielerin und besten Freundin Melanie (Marlene Morreis), indem sie ihr ein Lied aus dem Kindertheaterstück Raupe Nimmersatt vorsingt.

Es geht um sogenannte Frauenpower, und damit das ankommt, wird die österreichische Kleinstadt-Kulisse mit Hits wie Toxic von Britney Spears untermalt - die Spaß machen. Natürlich gibt es einige ungeschickte Gags. Aber, wie Vicky im Film zu einem Journalisten sagt, der all zu viel Kritisches schreibt: Immer nur blöd reden ist unsportlich.

Curling für Eisenstadt. Das Erste, 20.15 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2019
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