Soziale Netzwerke:Weder Frau noch Mann

Softie, funk

Non-binary und toxische Männlichkeit: „Softie“ erklärt Begriffe mit Pastellbildern.

(Foto: Valerie-Siba Rousparast/Funk/ARD/ZDF)

Der öffentlich-rechtliche Jugendsender Funk erklärt den Queerfeminismus in Pastelltönen.

Von Anna Steinbauer

Sie lieben Fußball, tragen rote High Heels oder haben Kinder und sie sind weder Frau noch Mann: Nichtbinäre Menschen sprengen das traditionelle Geschlechtersystem. In Ländern wie Indien und Mexiko gibt es längst ein drittes Geschlecht. In Deutschland hat der Bundestag die Option, sich im Geburtenregister neben "Mann" oder "Frau" auch als "divers" eintragen zu lassen, gerade beschlossen. Ein guter, wenn nicht gar überfälliger Zeitpunkt also, um mit der überkommenen Geschlechtervorstellung auch in den öffentlich-rechtlichen Kanälen aufzuräumen - und der Frage nach einem Dazwischen nicht mehr nur in voyeuristischen Problemdokus nachzugehen.

Dafür gibt es seit Kurzem Softie, ein neues Format des ARD-Onlineangebots Funk, das jungen Menschen zwischen 14 und 29 Jahren auf Facebook und Instagram den Queerfeminismus näherbringen soll. Eine Woche lang geht es dort immer um ein bestimmtes Thema - Gender, toxische Männlichkeit, Modestyles -, zu dem ein Video sowie passende animierte Grafiken und Bilder in Pastellfarben und Emojis gepostet werden.

Softie ist eine Produktion der Kooperative Berlin und dem Missy Magazine im Auftrag der ARD/ZDF-Plattform. Bewilligt ist der Kanal zunächst für ein halbes Jahr. In dieser Zeit muss er sich nun bewähren. Das neue Format will queer, feministisch und progressiv sein. "Schonungslos zart", wie die Selbstbeschreibung verkündet, will es Berührungsängste mindern und Erfahrungen teilen. Softie gelingt es tatsächlich, über Youtube, Facebook, Instagram, Twitter, Snapchat und die eigene App, Themen zu platzieren, die im Mainstream sonst unterrepräsentiert sind. Komplexe Begrifflichkeiten werden erläutert, Geschlechtsidentitäten verhandelt und Stereotype hinterfragt. Ein einminütiger Videoclip zeigt etwa eine Reihe von Menschen mit nicht zuordenbarem Gender und unterschiedlichsten Vorlieben und Styles, die Sprüche wie "Meine Nikes sind fake. Mein Gender nicht" oder "Ich bin nichtbinär, und die Hantelbank ist mein bester Freund" aufsagen. Klingt bisweilen ein bisschen auswendig gelernt, aber sehr sympathisch. In die Tiefen feministischer und gesellschaftlicher Diskurse dringt man so nicht vor, aber es hilft ja schon, Sehgewohnheiten zu durchkreuzen und zu irritieren. Nur so kann ein Dialog stattfinden.

Und den gibt es, und wie: Während es auf Instagram viele Likes für Leila gibt, die ausschließlich Pink trägt, hagelt es auf Facebook Hass zum "Weder Frau noch Mann"-Video. "Queer-Getue" sei "kultiviertes Waschlappentum", heißt es dort, und es häufen sich sexistisch beleidigende Kommentare wie "Hose runter und gucken, was da unten ist. So einfach und binär ist die Sache." Queerfeminismus ist eben noch lange nicht cooler Mainstream. Im besten Fall kann sich Softie als Plattform etablieren, in der wichtige gesellschaftliche Themen diskutiert werden und sich jeder dazu äußern kann.

Schade nur: Die Videos und Fotos zeigen ausschließlich weiße Menschen. Dabei ist die Welt doch auch in der Hinsicht viel spannender.

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