Süddeutsche Zeitung

Sommerloch im TV:"Ich weine lieber im Rolls-Royce als in der Straßenbahn"

Der Fernseh-Irrsinn findet seinen Höhepunkt, wenn niemand hinguckt: im Sommerloch. Beispiel? "Ferien mit den Superreichen - Luxus ohne Limit" auf RTL.

Von Josa Mania-Schlegel

Sommerloch? Gibt's nicht mehr. In Wahrheit findet mancher Fernseh-Irrsinn erst seinen Höhepunkt, wenn niemand hinguckt. Die Serie Ferien mit den Superreichen - Luxus ohne Limit und einiger Beifang aus privaten, öffentlich-rechtlichen und Pay-Sendern zeigt, was passiert, wenn sich das Fernsehen für einen Moment unbeobachtet fühlt und so richtig überschnappt.

Ob Paris Hilton und ihre damalige BFF (man entzweite sich dann doch vor der Ewigkeit), der Kardashian-Clan oder die Geissens - sie haben vorgemacht: Wer Zaster hat und bereit ist, ihn vor laufender Kamera möglichst sinnfrei zu verbuttern, hat die Chance, als kultige Geldsack-Sippe in die TV-Geschichte einzugehen. Und die Zeit für eine neue Generation Luxus-Prolls schlägt jetzt, wenn bekannte TV-Sternchen ihre Arbeit vor der Kamera ruhen lassen und ausnahmsweise unbeobachtet am Sommerloch-Eistee nippen.

Die Idee von Luxus ohne Limit: Man gebe ausgewählten Superreichen - wie viel Geld auch immer hinter dem Begriff stehen mag - zum Edelkofferset auch ein Filmteam mit auf Reisen. Klingt wie das Konzept von Die Geissens - Eine schrecklich glamouröse Familie? I wo. Die sind schließlich nie wirklich im Urlaub, sondern in der Welt des Glamours zuhause. Aber zurück zum Sommerloch-Ersatz. Die Kandidaten der ersten Folge heißen Oksana und Daniel Kolenitchenko: sie Ex-Kandidatin bei Deutschland sucht den Superstar, er Berliner Club-Besitzer. Außerdem ist Familie Lamminger aus Heilbronn dabei, die mit Luxusautos und Prunkhäusern handelt.

Die Knatsch-Quote ist hoch

Wer nun meint, es gebe nicht Langweiligeres, als Menschen beim Urlauben zuzusehen, die satt sein müssten vor finanzieller Zufriedenheit, irrt. Wer alles hat, hat umso mehr Grund zum Jammern. Dementsprechend hoch ist die Knatsch-Quote - Stress ist der meditative Grundzustand der Superreichen.

Oksana muss sich über die unpünktliche Pferdekutsche ärgern ("Das kann doch jetzt echt nicht sein?"), oder über lärmende Bauarbeiter ("Ist das deren Scheiß-Ernst? Excuse me!"). Und Obergockel Hartmut Lamminger regt sich auf, weil die weiblichen Lammingers bei Chanel trödeln: "Okay Mädels, jede eine Tasche, aber gebt Gas." Und: "In der Zeit hätte ich schon drei Boote gekauft."

Bevor nun einer denkt, diese Superreichen seien alle nur an materialistischen Gütern interessiert: Liebe und Familie schätzt man natürlich auch bei der Nachwuchstrashprominenz - zumal, weil sie sich gut verkaufen lässt. So zeigt der Bezahlsender A&E Donnie Wahlberg, den älteren und weniger erfolgreichen Bruder von Schauspieler Mark Wahlberg, beim Heiraten. Donnie Loves Jenny (von Mittwoch an, jeweils 21:30 Uhr) heißt der Vorehe-Albtraum, und Jenny ist Ulk-Moderatorin Jenny McCarthy, die sich wegen zweier veröffentlichter Bücher schon als "Taylor Swift des Verlagswesens" betitelt.

Den sanften deutschen Abklatsch liefert RTL II mit Sarah & Pietro ... bekommen ein Baby (montags, 21:15 Uhr). Die ersten Folgen liefen zwar schon, aber - so viel sei verraten - der Auftritt des Babys steht noch aus. Dafür gibt es immer mal Stress zwischen den beiden Jungstars, ein bewährtes Prinzip für Casting- wie Realityshows.

Das schlechteste beider Welten

Den superreichen Urlaubern aus Luxus ohne Limit gelingt es übrigens, beide Welten zu vereinen, Casting- und Realityzirkus: Sie lassen sich fürs Berühmtwerden casten - und das im echten Leben. Worst of both worlds. Aber ob die Medienpräsenz über das Sommerloch hinausgeht? Den Luxusurlaubern fällt ziemlich schnell keine Beschäftigung mehr ein. Ist ja nicht schlimm, soll ja Urlaub sein. Aber auch Fernsehen?

Die Superreichen fangen dann an, ihren Wohlstand zu erklären. "Ich weine lieber im Rolls-Royce als in der Straßenbahn", prahlt Hartmut Lamminger. Und Oksana Kolenitchenko erklärt: "Wir haben bei Null angefangen, mein Mann hat früher bei Kaiser's Regale eingeräumt." Daniel Kolenitchenko, der gerade im Helikopter zur privaten Rennstrecke fliegt, sabbelt hinterher: "Es geht hier gar nicht um reich oder nicht reich - ich finde nur, das sollte jeder mal erlebt haben".

Das Sommerloch macht's möglich.

Ferien mit den Superreichen - Luxus ohne Limit, sonntags, 19:05 Uhr, RTL

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