Sido gegen "Kronen Zeitung":Berliner Schnauze und Wiener Verhältnisse

Der Berliner Rapper Sido schaltet seine Anwälte ein: Es geht um einen Artikel im österreichischen Boulevardblatt "Kronen Zeitung". In einer Talentshow des ORF hatte er harsche Urteile über einen Kandidaten abgegeben und sich so mit einem der einflussreichsten Boulevardjournalisten Österreichs angelegt. Dessen Zeitung disste daraufhin den Rapper, nun legt Sido nach.

Carsten Janke

Talentshows sind nicht der Ort für große Erleuchtungen. Publikum, Kandidaten und Juroren hoffen auf den magischen "Paul-Potts-Moment" - und bekommen Hypnotiseure, Busenwunder oder einen "Motoren-Imitator". Ein solcher Geräuscherzeuger hatte seinen Auftritt im österreichischen Fernsehen in der Talentshow "Die große Chance", die am 9. September aufgezeichnet wurde.

Verleihung Viva Comet 2010

"Ich glaube auch, dass die, die jetzt hier Plus gedrückt haben, Angst vor dir und deiner Kritik in deiner Zeitung haben", so Sido in der Sendung.

(Foto: ddp)

Er kam soweit, eine finnische Kettensäge und einen 250-Kubikzentimeter-Motorradmotor zu imitieren - ein Unterschied zwischen den beiden Maschinen war dabei kaum zu hören -, bevor ihn der Berliner Rapper Sido stoppte. Sido war vom ORF als Juror in die Sendung gebeten worden, und der Auftritt hatte ihn von Anfang an sichtlich genervt. So wurde aus einem schwachen Talentshow-Moment ein magischer Moment der Medienselbstzerfleischung.

Der Motoren-Imitator war nämlich in Begleitung von Michael Jeannée erschienen - einem einflussreichen Kolumnisten des österreichischen Boulevardblatts Kronen Zeitung, den der Kandidat als seinen Manager präsentierte. Nachdem Sido ein gewohnt undiplomatisches Urteil abgegeben hatte ("Ihr habt jetzt ganz krass meine Zeit verschwendet mit so einer arroganten Scheiße auf der Bühne"), wies ihn ein Mit-Juror auf die Medienmacht des Krone-Schreibers hin: "Die zwei da, die sind ein Doppel, das man in Wien schon ein bisschen kennt und der Kollege ist Journalist, der dich morgen fertig machen könnte."

Da reichte es dem Berliner Import-Juroren. Gemeinsam mit dem Publikum stimmte er für das Aus des Wiener Motorengeräusche-Duos. In der Kronen Zeitung vom 23. September erschien zwei Wochen später ein Artikel über Sido. Unter der Überschrift "Das Leben des 'ORF-Stars' als einziger Mix aus Kriminalität und Taktlosigkeit" zog der Autor Michael Pommer über den Rapper her. Es spickte den Text mit Vorwürfen über die oftmals sexistischen und gewaltverherrlichenden Ausbrüche des Rappers, inklusive einer tadelnden Erwähnung des "Arschficksong". Pommer empfahl, "einen solchen Außenseiter" lieber ins Gefängnis zu sperren als ihn wie der ORF als Juror für "Die große Chance" aufzustellen, und das auch noch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Österreichs "vor 812.000 Gebührenzahlern".

Sido will mit dem Skandal "nächsten Urlaub finanzieren"

Sidos Managerin bestätigte inzwischen, dieser habe wegen des Artikels seine Anwälte eingeschalten. Die Kronen Zeitung wollte sich nicht äußern. Über Twitter gab sich der Musiker siegessicher: "Michael Pommer von der Kronen Zeitung wird meinen nächsten Urlaub finanzieren."

Der Journalist Jeannée äußerte sich inzwischen in der Kronen Zeitung auch zu dem Fall. Der Rapper sei vom Fernsehsender "gebrieft" worden, der Konflikt zwischen ihm und dem Rapper sei vom "Intrigantenstadl ORF" gezielt inszeniert worden. Abschließend urteilt er süffisant, er sei Sido nicht böse, dafür aber dem ORF. Das sah während der Sendung noch ganz anders aus.

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