Süddeutsche Zeitung

Sidekick im Münchner Tatort "Der tiefe Schlaf":Komm zurück, Gisbert!

Was hat Fabian Hinrichs die Münchner Kommissare - und zwischenzeitlich auch die Zuschauer - im Tatort "Der tiefe Schlaf" genervt. Doch dann war es plötzlich vorbei mit Gisbert Engelhardt, seinem Alter Ego. Nun formieren sich im Netz die Fans, die den übereifrigen Assistenten auferstehen lassen wollen.

Von Vanessa Steinmetz

Fabian Hinrichs hat dem Begriff "Nervensäge" am vergangenen Sonntag im Münchner Tatort "Der tiefe Schlaf" ein Gesicht gegeben. Als Assistent Gisbert Engelhardt geht er seinen Kollegen Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) gehörig auf den Wecker. Ständig präsentiert er neue Hypothesen, wer der Mörder sein könnte ("Ein Verwandter!", "Ein Fremder!", "Ein Serienkiller!"), reißt trotz mehrfacher Mahnungen das Bürofenster auf, so dass alle Zettel durcheinanderwirbeln und gibt sich mit Sonnenbrille betont cool, um dann beim Anblick der Leiche in Ohnmacht zu fallen und später in die Kantine zu kotzen. Spätestens wenn er den anderen Ermittlern zum gefühlt zehnten Mal einfach davonrennt, ist auch der Zuschauer, naja, genervt eben.

Kein Wunder, dass die Reaktionen bei Twitter während der Ausstrahlung auf den leidenschaftlichen Selbstportrait-Fotografierer Gisbert zunächst recht ablehnend sind. ‏@RheinReporter schreibt etwa: "#Gisbert will sich noch mehr Mühe geben. Bitte nicht." Doch dann: Der unerwartete Schwenk. Mit Gisberts Ableben kommen nicht nur die Ermittlerkollegen darauf, dass der übereifrige Zögling (Zitat: "Am Ende habe ich immer recht!") mit einigen seiner Vermutungen doch gar nicht so falsch gelegen hat. Auch die Zuschauer scheinen zu realisieren: So schlimm war der gar nicht.

Mehr noch: Sie entdecken - wenn man die Einträge in sozialen Netzwerken als Indikator nimmt - das ganze Potenzial, das Hinrichs großartiges Spiel dem Ermittler-Sidekick verleiht. "Wieso habt Ihr eigentlich #Gisbert sterben lassen? Der war eine echte Bereicherung!" twittert ‏@HMC_Muenchen. @KaiserMedien schreibt: "#Gisbert hätte Kultstatus erreichen können. Er ist viel zu früh von uns gegangen." @M_Stacheder fordert sogar seine Auferstehung, andere wollen ihn wahlweise in den Köln- oder Münster-Tatort verpflanzen (@Miss_Ho_87: "Der übereifrige #Gisbert wird vermisst!!! Bitte schicken Sie ihn nach Köln zum #Tatort) oder gleich ein eigenes Format anvertrauen (@Piratenbaer: "Der sollte trotz Ablebens ne eigene Reihe à la Engel auf Erden bek. ;)").

Auf Facebook hat sich die Fanschar des Tatort-Assistenten mittlerweile unter der Forderung "Wir wollen Gisbert Engelhardt zurück" versammelt. "Es ist ja mutig, einen so guten Charakter zu erschaffen, um ihn dann gleich wieder umzubringen - aber es ist auch ein bisschen blöd", schreibt etwa Piero Masztalerz. Ob knapp 700 Likes der Seite die Programmverantwortlichen überzeugen können, den unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommenen Antihelden wieder auferstehen zu lassen, sei an dieser Stelle dahingestellt.

Zumindest die Einschaltquote (knapp neun Millionen Zuschauer) könnte aber überzeugen, den Klamauk eben nicht nur den westfälischen Kollegen zu überlassen; auch die Kritiker waren - wenngleich teils Irritation herrschte - vor allem von der Darstellung des 36-jährigen Theaterschauspielers Hinrichs begeistert. Vielleicht wird er nach diesem Erfolg künftig auch einfach abseits des sonntäglichen Krimi-Rituals mehr Beachtung finden. Denn wie sagte Gisbert noch: "Ein Polizist wird nie gerufen, wenn etwas Schönes passiert ist."

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