Die Szene war wie inszeniert. Oscar-Gewinner Christoph Waltz stand auf der Bühne des Friedrichstadtpalastes. Er sprach frei und nachdenklich über die Kategorie "Beste weibliche Hauptrolle". Dann fiel ein Name, und Sibel Kekilli preschte barfuß nach vorne. Sie nahm die Lola entgegen, den Bundesfilmpreis für das Drama Die Fremde, plumpste auf den Boden und rief: "Ich, Schauspielerin, weiblich, Spielalter von 23 bis 30, bin an guten Stoffen interessiert. Ich will arbeiten!"
Irregeleiteter Kommissar
Nach SZ-Informationen soll sie arbeiten, und zwar zunächst einmal regelmäßig für den Norddeutschen Rundfunk (NDR) beziehungsweise die ARD. Mitte April, eine Woche vor dem Deutschen Filmpreis in Berlin, begann Regisseur Florian Froschmayer den neuen Kieler Tatort zu drehen. Auch Sibel Kekilli zählte mit einer Episodenrolle (erstmals) zum Ensemble.
Axel Milberg ist seit 2003 als Kommissar Borowski die Hauptfigur am nördlichsten Standort der erfolgreichsten deutschen Kriminalfilm-Reihe. Borowski, ein in seinen Gefühlen zuweilen irregeleiteter Polizist, der Verdächtige gerne auch mal auf dem Dach eines Puffs ankettet, ermittelt allein. Ihn als Partner wünscht man auf dem Revier keinem.
So findet schnell Dienststellenpsychologin Frieda Jung an seine Seite. Frau Jung muss die soziale Kompetenz des klugen, ehrgeizigen Hauptkommissars stärken und entwickeln. Eine Weile stärkte sie nebenbei vor allem ihre kriminalistischen und wohl sexuellen Instinkte. Borowski nahm sie teils unfreiwillig, teils freiwillig auf Verbrecherjagd mit. Damit ist nach 14 Fällen Schluss.
Überraschende Personalien
Maren Eggert, die Frieda Jung wunderbar stilsicher und komisch spielte, wurde vom Deutschen Theater in Berlin engagiert. Tango für Borowski - am 4. April ausgestrahlt - war ihr letzter Einsatz. "Vielleicht gibt es eines Tages Ersatz oder neue Hilfe bei Ermittlungen", sagte Axel Milberg Mitte März zu Eggerts Ausstieg.
Inzwischen wird konkret über eine regelmäßige Beteiligung Kekillis gesprochen. Sender und Schauspielerin wissen noch nicht genau, wie ihre Rolle im Kieler Tatort angelegt sein könnte. "Vielleicht wird ja mehr daraus. Ich fänd's toll", sagt Thomas Schreiber, der beim NDR auch für Fiktion zuständig ist.
Für den NDR spricht, dass er nach Maria Furtwängler ( Tatort Hannover) und Mehmet Kurtulus ( Tatort Hamburg) eine dritte überraschende Personalie präsentieren würde. Für Kekilli, 30, spricht das Besondere: Bisher überzeugte sie in der Arthouse-Abteilung des Kinos. Nun könnte sie vor Massenpublikum auftreten. Popularität ist nicht zwangsläufig schädlich.
Die Ausgangslage scheint also zu sein, dass es nur Gewinner gibt - sofern die Filme, die entstehen, gute Filme werden und den Zuschauer interessieren. Aber auch das Interesse ist kalkulierbar - beim Tatort.