Sexszene im Bodensee-"Tatort":"Heute ist mein Geburtstag"

Tatort Kai Perlmann, Mia Hennig, ARD Sex Kino

Die Tatort-Beischläfer: Kommissar Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) und Medizinstudentin Mia Hennig (Natalia Rudziewicz)

(Foto: SWR/Stephanie Schweigert)

Mann und Frau besuchen ein leeres Kino, Frau fällt dabei über Mann her, als gäbe es kein Morgen, und blutet literweise aus der Nase. Klingt nach einer Szene aus einem Film von Lars von Trier, ist aber im "Tatort" passiert. Fünf Gründe, warum diese Sexszene ganz schön seltsam war.

Von Lena Jakat und Matthias Kohlmaier

Mal ehrlich, Sex im Film ist schon seit ein paar Jahrzehnten nichts Besonderes mehr. Sogar im mittlerweile seit 43 Jahren über die deutschen TV-Bildschirme flimmernden Tatort gibt es gelegentlich koitalen Körperkontakt zu sehen. Jedoch ist der Sex selbst da nur selten derart, naja, bizarr wie im letzten Krimi aus Konstanz.

Kommissar Perlmann (Sebastian Bezzel) lernt darin eine junge Dame kennen, nichtwissend, dass sie todkrank und - das zeigt der Rest der 90 Krimiminuten - durchaus interessiert an flüchtigen sexuellen Kontakten ist. Er führt sie ins Kino aus, und in dem leeren Saal geht es binnen weniger Sekunden zur Sache. Es folgt eine Szene voller Befremdlichkeiten. Wie es ein User via Twitter formuliert: "Tatort hat mir falsche Vorstellungen von Sex vermittelt."

Keine Sorge. Die Szene war völlig realitätsfremd. Fünf Gründe, warum wir uns da so sicher sind:

Das Kleid

Das Kleid muss natürlich deswegen weiß sein, damit man später die Blutflecken besser sieht. Außerdem: diese Symbolik! Das unschuldige Schneewittchen, das sich dem naiven Kommissar Perlmann als Braut darbietet.

In Wirklichkeit gibt es für Kinodates wohl keine unpassendere Garderobe als ein blütenweißes Nachthemdchen. Wer will schließlich schon aussehen wie ein expressionistisches Ölgemälde, wenn das Licht wieder angeht? Nachdem bei der wilden Knutscherei Cola und Nacho-Schale ins Rutschen geraten sind, wuchert ein großflächiger hellbrauner Fleck zwischen Taille und Oberschenkel. Und Salsa ist zwar auch ziemlich rot, ihre tragische Wirkung auf weißem Stoff allerdings gleich null.

Der Spruch

Es war der Yes-Törtchen-Moment: "Heute ist mein Geburtstag", flüstert das Mädchen dem Kommissar ins Ohr. Und schiebt hinterher: "Darf ich mir was wünschen?" Die Antwort wird nicht abgewartet, sondern zügig ausgeführt.

Abgesehen davon, dass da eher für den Kommissar der ganz große Wunsch in Erfüllung zu gehen scheint - so eine gutaussehende Studentin mit offensichtlich funktionierendem Sozialleben (der Leukämie-Verein, der Bruder) verbringt ihren Geburtstag feiernd, trinkend und tanzend mit einem Haufen anderer gutaussehender, erfolgreicher, junger Menschen. Aber bestimmt nicht allein mit einem mittelgut aussehenden Kommissar in der Früh-Midlife-Crisis.

Das Kino

Waren Sie schon mal die einzigen Gäste in einem Kinosaal? Nein? Wir auch nicht. Es mag zwar passieren, dass so eine Filmvorführung an einem Sommersonntagmittag bei einer Außentemperatur von 30 Grad im Schatten richtig mies bis gar nicht besucht ist.

Aber die beiden Protagonisten und späteren Hochgeschwindigkeitsbeischläfer aus dem Tatort gehen abends ins Kino, nach Perlmanns Dienstschluss. Und selbst angenommen, das Kino sei wirklich leer: Irgendeinem gelangweilten Kartenabreißer wären die lauten Lustschreie der jungen Dame doch gewiss aufgefallen.

Das Blut

Nasenbluten ist grundsätzlich etwas Gruseliges und wenig Attraktives. Es lässt sich kaum stoppen, und wenn doch, dann nur mit so einem hässlichen zusammengeknüllten Taschentuchfetzen im betroffenen Nasenloch. "Tampon" sagen Mütter sehr gerne zu diesem als Korken wirkenden und bald blutdurchtränkten Stückchen Papier.

Dass Kommissar Perlmann das aus der Nase seiner Sexualpartnerin auf ihn herabtropfende Blut auch nicht sonderlich sexy findet, offenbart sein extrem verkniffener und wenig lustvoller Gesichtsausdruck. Allein mit seinen nur wenig lautstarken Hinweisen vermag er sich nicht gegen die Dame auf seinem Schoß durchzusetzen. Die bekommt von der Sauerei sowieso nicht viel mit - was im Zustand fortgeschrittener sexueller Extase vielleicht sogar schon wieder realistisch ist.

Die Rettung

Da fängt ein mutmaßlich gesunder Mensch plötzlich an, wie blöd aus der Nase zu bluten und klappt ein paar (orgiastische) Momente später zusammen. Was tut man da als vollgebluteter, verstörter Ersthelfer? Man bringt die Frau nicht in die stabile Seitenlage, ruft nicht um Hilfe und alarmiert nicht den Krankenwagen.

Sondern man nimmt sie auf den Arm, hetzt raus aus dem Kinosaal, rennt zum zwei Kilometer entfernten Privatwagen (war schon wieder kein passabler Parkplatz frei) und rast zum Krankenhaus. Selbstverständlich verlassen einen unterwegs weder Kraft noch Nerven. Noch hält einen irgendjemand an und sagt: "Hey, wohin wollen Sie mit der vollgebluteten Frau?". Das würde dem Helden ja auch seinen ganzen Auftritt versauen.

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