Süddeutsche Zeitung

Sexismus:Wollen wir Freunde sein?

Die Medienbranche Israels steckt mitten drin im Skandal, gleich mehrere berühmte Journalisten sind involviert. Der Gründer des größten Privatsenders ist jetzt zurückgetreten - "vorübergehend".

Von Alexandra Föderl-Schmid

Über die Vorwürfe gegen Harvey Weinstein und die "#MeToo"-Kampagne wurde auch in Israel breit berichtet. In den vergangenen Tagen hat sich aber der Fokus der auf die Medienbranche im eigenen Land verschoben, es sind gleich mehrere prominente Journalisten involviert.

Kolleginnen werfen zwei auch im Ausland bekannten Mediengrößen Vergewaltigung, sexuelle Übergriffe und Sex-gegen-Job-Angebote vor. Es handelt sich dabei um den Mitbegründer des größten privaten TV-Senders Keshet, Alex Gilady, und den langjährigen Moderator der Hauptnachrichtensendung im staatlichen Fernsehen, Haim Yavin. Gilady trat vergangenen Donnerstag von seinem Posten als Präsident des Senders zurück. Er beteuerte, dieser Schritt sei nur "vorübergehend", bis seine Unschuld bewiesen sei. Yavin tat die Vorwürfe als "Unsinn" ab.

Zuvor hatten drei Journalistinnen über Vorfälle mit dem nunmehr 74-Jährigen berichtet, die zwischen den Siebziger- und Neunzigerjahren geschehen sein sollen. Die Anchorwoman von Channel 10, Oshrat Kotler, schilderte, dass ihr der damalige TV-Geschäftsführer in Zusammenhang mit einer Jobbewerbung ein unverschämtes Angebot unterbreitet habe. Er habe dies mit dem Hinweis versehen, sie wisse doch, wie man in Hollywood vorwärtskomme.

Die Journalistin der Tageszeitung Haaretz, Neri Livneh, beschrieb einen Vorfall aus dem Jahr 1999. Gilady habe sie nach einem Arbeitstreffen nach Hause eingeladen. Dort habe er sich einen Bademantel angezogen, seinen Penis entblößt und gesagt: "Sprich mit ihm!" Dazu sagte Gilady, die Schilderungen seien "im wesentlichen wahr", beträfen aber sein Privatleben.

Die Haaretz-Journalistin veröffentlichte auch Vorwürfe gegen den als "Mister Fernsehen" titulierten langjährigen Nachrichtenmoderator Yavin, der außerdem Managementpositionen bei der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt inne hatte. Der inzwischen 85-Jährige soll ihr in den Achtzigerjahren ein Jobversprechen gegeben haben, wenn sie "sehr, sehr gute Freunde" werden. Zuvor hatte der über Israel hinaus bekannte TV-Journalist mit Interviewaussagen für Empörung gesorgt. Er hatte sich beklagt, dass früher die Zeiten besser gewesen seien: Da habe man sich höchstens eine Ohrfeige geholt, wenn man Frauen auf den Hintern gegriffen habe. Heutzutage würden Frauen gleich zum Anwalt laufen.

Mit einer offensichtlich als Scherz gemeinten Bemerkung in seiner Radioshow brachte auch der bekannte Radiojournalist Gabi Gazit Kolleginnen dazu, an die Öffentlichkeit zu gehen. In Zusammenhang mit der Berichterstattung über Gilady meinte der 71-Jährige, er glaube, er habe auch vor 45 Jahren einer Frau auf den Hintern gegriffen. "Denk genau nach, Gabi Gazi!", forderte ihn daraufhin die Anchorwoman von Channel 2, Dana Weiss, auf und berichtete von unfreiwilligen Küssen aus der jüngeren Vergangenheit, die Gazit ihr aufgezwungen habe. Drei weitere Journalistinnen meldeten sich mit ähnlichen Vorfällen. Als der Sender eine Untersuchung ankündigte, bat Gabi Gazit um Beurlaubung.

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Quelle:
SZ vom 14.11.2017
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