Süddeutsche Zeitung

Serien des Monats Dezember:Sie wollen es noch einmal wissen

Ein runtergerockter Darts-Profi, die Damen aus "Sex and the City" und Sisi: Alle suchen die Liebe in den Serien des Monats. Nur David Fincher hält dagegen.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Sisi

Was passiert: Herzogin Elisabeth ist charmant, schlau, witzig - und verliebt. Aber eine Verbindung zu einem einfachen Grafen sieht Sisis Mutter gar nicht gern. Wird Sisis Schwester Néné doch den österreichischen Kaiser Franz Joseph heiraten? Zu dumm, dass sich der Kaiser dann aber in Elisabeth verschaut. Schwesternstreit und große Angst vor dem spanischen Hofzeremoniell, das in Wien gilt. Sisis Geschichte ist bekannt, wurde allerdings seit Ernst Marischkas Kitsch-Dreiteiler mit Romy Schneider fiktional nicht neu aufgelegt. In Sven Bohses Neuadaption ist die künftige Kaiserin von Österreich nun nicht das naive Botschal, sondern selbstbewusst und vor allem: modern.

Heimlicher Star: Paula Kober als Fanny, eine von Franz Josephs Prostituierten. Mit Witz und Verschlagenheit wird sie von Sisi als Zofe am Hof eingeschleust. Und bringt viel mehr mit als nur einen Dildo.

Nicht geeignet für: Nostalgiker, die an keinem Weihnachten auf die Kitsch-Fassung Sissi aus den Fünfzigern verzichten können. Carolin Gasteiger

Sechs Folgen, bei RTL+

And Just Like That

Was passiert: Die lang erwartete Fortsetzung der Sex And the City-Reihe beginnt mit einem effektvollen Schockmoment, der das Leben von Carrie und ihren zwei Freundinnen (Samantha hat sich nach London abgesetzt) erst mal kräftig durchrüttelt. Und sie stellt eine Frage in den Fokus: Welches Leben kann und will ich als Frau Mitte 50 in New York führen?

Heimlicher Star: Wie immer: New York. Die Stadt, die sich genau wie die Serie in den letzten zwanzig Jahren neu erfinden musste. Aber auch die neuen Sidekicks der Freundinnen, mit denen frischer Wind in die Story geblasen wird - namentlich in Form von Carries schlagfertiger, neuer Arbeitskollegin, der non-binären Stand-up-Comedian Chez Diaz.

Nicht geeignet für: Alle, die schon mit der Originalserie Schwierigkeiten hatten. Max Scharnigg

Wöchentlich eine neue Folge bei Sky.

Die Wespe

Was passiert: Der abgehalfterte Darts-Star Eddie Frotzke hat eine Krise. Seit er in den Neunzigern zwei Titel gewonnen hat, ist in seinem Leben nicht mehr viel passiert. Das ließe sich mit viel Bier und Selbstbetrug noch ausblenden. Aber als ihn seine Frau wegen eines anderen verlässt (ausgerechnet ein jüngerer Darts-Profi) und er zu einem Kumpel in den Schrebergarten ziehen muss, wird klar: Eddie muss nochmal ran, in der Liebe wie an der Dartsscheibe.

Heimlicher Star: Der deutsche Schrebergarten. Wortwörtlich und im übertragenen Sinne. Diese Serie nutzt für Kulissen und Requisiten mit vollem Herrengedeckeinsatz alles, was urdeutsch ist.

Nicht geeignet für: Feinde des Herrengedecks. David Steinitz

Sechs Folgen, bei Sky

Voir: Die Filmkunst der Moderne

Was passiert: In sechs kleinen Essays beleuchten in der von David Fincher (The Social Network, Mank) produzierten Serie Filmfreaks ihre Sehnsüchte und Lieblingserinnerungen - da geht es um den Sommer, als Der weiße Hai das Blockbuster-Kino erfand, um Rachegelüste und Stereotype in Animationsfilmen. Ist schon klar, was Fincher will: mehr Qualitätsbewusstsein, ausgerechnet im Gemischtwarenladen Netflix. Die Reihe ist schön anzuschauen, nähert sich aber den meisten Aspekten doch eher über die Geschichte als über die Technik.

Heimlicher Star: Das alte Kino.

Nicht geeignet für: Freunde der akademischen Analyse. Susan Vahabzadeh

Sechs Folgen, bei Netflix

Eldorado Kadewe - Jetzt ist unsere Zeit

Was passiert: Berlin, 1920er-Jahre, die Geschichte einer lesbischen Liebe und einer großen Freundschaft zwischen sehr ungleichen jungen Menschen. Fritzi, Tochter des Kadewe-Patriarchen, verliebt sich in die mittellose Hedi und versucht gemeinsam mit ihrem von Weltkriegsdämonen gejagten Bruder Harry, das alte Kaufhaus wieder flottzumachen. Vierter im Bunde: der schüchterne Buchhalter Georg. Eine durchgefeierte Nacht lang ist alles gut, dann schlagen die Zeitläufte zu: Homophobie, Antisemitismus, die Weltwirtschaftskrise, die Nazis. Da im Berlin der 2020er-Jahre gedreht wurde, sieht alles erschreckend heutig aus.

Heimlicher Star: Raue Schale, weicher Kern - oder ist es sogar genau umgekehrt? Jedenfalls ist Lia von Blarer als Fritzi ein Ereignis.

Nicht geeignet für: Prüde. Tanja Rest

Sechs Folgen, ARD-Mediathek

Legal Affairs

Was passiert: Nein, das ist keine amerikanische Anwaltsserie, auch wenn sie mit ihrem Titel und Look so daherkommt - sondern eine deutsche. Im Zentrum steht die eiskalte Berliner Medienanwältin Leo Roth (Lavinia Wilson), die mit ihrer Nobelkanzlei hauptsächlich Reiche und Prominente vertritt. In den einzelnen Fällen geht es um Sachen wie Datenklau, Fake News, Cybermobbing, Deepfakes. Die Presse, repräsentiert durch einen Schmierenjournalisten einerseits und einen Investigativ-Reporter andererseits, ist mal ihr Partner, meist ihr Gegner. In einer durchlaufenden Story, die den eigenen Schwager und dessen tote Geliebte betrifft, gerät die mit einem Kindheitstrauma geschlagene Roth in einen Strudel aus Korruption, Betrug und Mord, der sie zu verschlingen droht.

Heimlicher Star: Neben dem urban-cool und glamourös gefilmten Berlin ist das die Wahrheit, von der es mehrmals heißt, dass sie am Ende ja doch herauskommt.

Nicht geeignet für: Fans betulich deutscher Wohlfühl-Anwaltsserien wie Die Heiland oder Die Kanzlei. Christine Dössel

Acht Folgen, ARD-Mediathek

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