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Setbesuch bei "Das Boot":Landgang

"Das Boot" ist wieder in der Stadt - aber nur kurz: Die Fortsetzung entsteht an vier von 104 Drehtagen in den Bavaria-Studios, am Drehort des legendären Originals. Und keine der Szenen spielt unter Wasser.

Von Karoline Meta Beisel

Dass es in München Freudenhäuser gibt, die raus müssen aus der Stadt, ist hinlänglich bekannt. Vorübergehend gibt es in München aber sogar ein französisches Freudenhaus, das von La Rochelle nämlich: Halb leer getrunkene Gläser auf den Tischen, darin Traubensaft, der wie Wein aussehen soll, abgewetzte, rote Polstermöbel. Die letzten Gäste sind offenbar gerade erst gegangen. In der Luft hängt noch der Qualm der Zigaretten Marke "État du Nord", deren Stummel aus den Aschenbechern quellen.

Zu den lästigen Nebeneffekten des Serienhypes gehören Salamitaktik und Schweigegelübde

Das Bordell ist eines der Sets, in denen dieser Tage in den Bavaria Filmstudios die Fortsetzung von Das Boot entsteht. Um genau zu sein: eines von zwei Sets. Gemeinsam mit dem Bezahlsender Sky arbeitet Bavaria Film an einer Fortsetzung in Form einer achtteiligen Fernsehserie. Wolfgang Petersens Filmklassiker aus dem Jahr 1981, der drei Jahre später auch als sechsteilige Serie im Fernsehen zu sehen war, ist für die Münchner Firma bis heute identitätsstiftend. "Das Boot ist unsere größte Marke", sagt Jan Kaiser, Geschäftsführer der Bavaria Fiction. Die Fortsetzung entsteht trotzdem vor allem in Prag, in La Rochelle, auf Malta - in München wird nur an vier von 104 Tagen gedreht, und keine der Szenen hat mit einem U-Boot zu tun.

Was genau in Deutschland gedreht wird, was in der Serie geschieht, welche Figuren auftauchen und was die Schauspieler Tom Wlaschiha (Game of Thrones), Lizzy Caplan (Masters of Sex) oder der neue, junge Kommandant Rick Okon im Interview zu ihren Rollen zu sagen haben - all das ist beinahe so geheim wie die Botschaften, die der Zweite Wachoffizier in Petersens Film mit der Enigma-Maschine erst entschlüsseln musste: Salamitaktik bei der Öffentlichkeitsarbeit und strenge Schweigegelübde für die Presse gehören zu den lästigen Nebeneffekten, die das gesteigerte Interesse am Serienfernsehen und an Großproduktionen wie Das Boot mit sich bringen. Die Fortsetzung soll 26 Millionen Euro kosten, in etwa so viel also, wie Petersens Fernsehfassung kostete.

Was die Produzenten erlauben zu sagen, ist, was sie selbst schon bekannt gegeben haben: Die Geschichte schließt zeitlich an die Erzählung aus dem weltberühmten Film an, wieder liefert der 2007 verstorbene Lothar-Günther Buchheim die Vorlage: Die Serie basiert auf seinen Büchern "Das Boot" und "Die Festung". Wieder wird eine junge U-Boot-Besatzung in den fast sicheren Tod geschickt. In der neuen Serie gibt es neben den klaustrophobischen Szenen im U-Boot, die Petersens Film so eindringlich machten, aber einen zweiten Handlungsstrang auf dem Festland in La Rochelle. Es sind Szenen für diesen Teil der Geschichte, die unter der Regie des Österreichers Andreas Prochaska (Im finsteren Tal) gerade in München entstehen.

Das U-Boot, um das es diesmal geht, ist natürlich ein anderes als bei Petersen: U 96 sank ja am Ende der Erzählung; heute ist die Kulisse der Höhepunkt der Besuchertour durch die Filmstadt. Richtig neu ist das neue Boot aber auch nicht: Im amerikanischen Kriegsfilm U-571 mit Matthew McConaughey aus dem Jahr 2000 war es schon einmal im Einsatz; für die Fortsetzung, die jetzt entsteht, wurde die 65 Meter lange Attrappe etwas umgebaut.

Götz Weidner, der damals auch das Ur-Boot gestaltete, war auch diesmal daran beteiligt, für die Innenaufnahmen ein neues U-Boot zu bauen. Die Proben für diesen Teil der Dreharbeiten beginnen in der kommenden Woche, mit einem, genau, "Bootcamp" für die jungen Schauspieler, die die Wehrpflicht nur aus dem Geschichtsunterricht kennen, mit einem echten U-Boot-Kommandant als Lehrer - in Prag. Die Entscheidung für diesen Drehort sei vor allem wegen der steuerlichen Anreize gefallen, die Filmproduktionen in Tschechien gewährt werden, sagt Boot-Produzent Moritz Polter. Ende Februar sollen die Dreharbeiten in Malta zu Ende gehen: Dort entstehen dann in einem Wasserstudio und auf hoher See die Außenaufnahmen des U-Boots.

Auf die Frage, ob es ihn schmerze, dass die Fortsetzung seines Flaggschiffs jetzt nur zu so einem kleinen Teil auf dem heimischen Gelände entsteht, hat Jan Kaiser von der Bavaria Fiction eine pragmatische Antwort: "Mein persönlicher Spruch als Geschäftsführer ist: Alles was Sinn macht, am liebsten in München." Und München sei im Vergleich etwa zu Tschechien eben nicht besonders sinnvoll gewesen: "In Deutschland wäre es teurer gewesen, da hätten wir die Finanzierung nicht hinbekommen." Als Marke bleibe Das Boot aber immer verbunden mit der Bavaria und mit München.

Soll wohl heißen: Es ist egal, wo es taucht.

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Quelle:
SZ vom 16.11.2017
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