Fernsehen und Streaming:Das sind die Serien des Monats

"Now Apocalypse" besticht mit queerer Selbstverständlichkeit, "Hanna" gerät zu konventionell und in "After Life" hat Ricky Gervais gute Gründe für schlechte Laune.

1 / 9

Andere Eltern (TNT)

TNT Comedy Andere Eltern

Quelle: Tom Trambow / eitelsonnenschein GmbH / Turner Broadcasting System Europe Limited - a WarnerMedia Company

Die größte Zumutung für Eltern sind andere Eltern - das ist die Kernthese der Mockumentary von Lutz Heineking junior. Die Protagonisten der Serie wollen für ihre (teilweise noch ungeborenen) Nachkommen einen Kindergarten gründen. Eine solche Elterninitiative bedeutet zunächst mal vor allem: reden, reden. Und reden. Ohne dabei zwingend zu einem Ergebnis zu kommen und auf gar keinen Fall schnell. Und so wirft Andere Eltern einen ironischen bis sarkastischen, aber im Kern liebevollen Blick auf mehr oder weniger hippe Großstadteltern.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von David Denk.

2 / 9

After Life (Netflix)

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Quelle: Natalie Seery/Netflix

Das ist mal ein Lebensmotto, das so bestimmt in wenigen Poesiealben steht: "Ich kann", verkündet Tony, die Hauptfigur von After Life, "ein Arschloch werden und tun und sagen, was ich verfickt noch mal will, und wenn mir alles zu viel wird, kann ich mich immer noch umbringen. Es ist wie eine Superkraft." Der britische Komiker Ricky Gervais hat After Life erdacht und er spielt auch den depressiven Tony, der nach dem Tod seiner Frau seinen Schmerz an der Welt auslässt. Nichts in Tonys Leben erscheint ihm erträglich: Sein Vater hat Alzheimer, sein Job besteht darin, für eine lokale Gratis-Zeitung über unfassbar überflüssige Themen zu berichten, und sein Therapeut ist ein Quacksalber. Das alles klingt abgründig und komisch und das ist es auch - nur leider selten auf einmal. After Life hat eine Art dramaturgische Gleichgewichtsstörung. Die Serie schwankt zwischen bitterböse und rührselig und findet nur zeitweilig die richtige Balance.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Luise Checchin.

3 / 9

Hanna (Amazon)

Serien Still // HANNA // Pressematerial

Quelle: Amazon Studios

Ein junges Mädchen, das in den Wäldern fernab der Zivilisation von seinem Vater zur Hochleistungskillerin trainiert wird? Gut möglich, dass diese Geschichte, mit der die Serie Hanna unvermittelt beginnt, bekannt vorkommt. Schließlich basiert die Amazon-Produktion auf dem gleichnamigen Kinofilm aus dem Jahre 2011. Regisseur David Farr gelingt es recht überzeugend, seine Geschichte auf Serienformat zu dehnen. Hanna wirkt nie wie ein in die Länge gezogener Film, und auch die Besetzung überzeugt. Wer den Kinofilm nicht kennt, ist dennoch besser dran. Denn das märchenhaft-schräge Flair, das den Film ausgezeichnet hatte, vermisst man in der Serie. Die neue Version ist ein eher konventioneller Actionthriller. Ohne Frage kurzweilig, aber auch ohne unverwechselbare Handschrift.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Patrick Heidmann.

4 / 9

Delhi Crime (Netflix)

Delhi Crime

Quelle: Courtesy Netflix; Netflix

Delhi Crime handelt von einem Verbrechen, das ein ganzes Land aufgewühlt hat: Im Jahr 2012 vergewaltigten sechs Männer die 23-jährige Jyoti Singh in einem Bus und misshandelten sie so brutal, dass sie kurze Zeit später an ihren Verletzungen starb. Als Reaktion auf die Tat kam es zu landesweiten Protesten, die indische Regierung verschärfte das Sexualstrafrecht. Die Serie nähert sich der Geschichte aus Sicht der für den Fall zuständigen Polizistinnen und Polizisten. Die haben mit Überarbeitung, Stromausfällen und den Unberechenbarkeiten der Megametropole Delhi eigentlich schon genug zu kämpfen, nun stehen sie auch noch im Fokus eines international beachteten Kriminalfalls. Formal bietet Delhi Crime wenig Überraschendes, die allermeiste Zeit schaut man den Protagonisten bei der mühsamen Polizeiarbeit zu. Stark ist die Serie immer dort, wo sie ein Panorama der indischen Gesellschaft aufmacht - von den Geldsorgen des kleinen Polizisten bis zum Freiheitsdrang der Tochter aus gutem Hause.

Luise Checchin

5 / 9

Akte Lansing (Bayerischer Rundfunk)

Akte Lansing,Obacht gebm, länger lebm

Quelle: BR

Nach nunmehr 2285 Folgen öffnet der Sender die "Akte Lansing", gewährt einen Blick hinter die Kulissen des Kultformats Dahoam is dahoam. Der BR bezeichnet das Projekt als Satire. Im Großgenre der TV-Satiren muss man die Akte Lansing dem Spezialformat ambitionierter Trash zuordnen. Und die Darsteller machen dankbar mit: Wir spielen zwar Tag für Tag ganz normalen bayerischen Wahnsinn, sagen sie mit dem skurrilen Making of, aber wir können noch weitaus verrückter sein. Wollte ein Printmedium solchen Einfällen Paroli bieten, müsste es die Sportredaktion geheime Wünsche der Kollegen aus der Innenpolitik malen lassen und umgekehrt. Es wäre jedoch allenfalls für einen kleinen Teil der Leser interessant. So ist es auch bei der Akte Lansing - von kreativen Köpfen ein Akt der Liebe. Aber für Connaisseure.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Rudolf Neumaier.

6 / 9

Now Apocalypse (Starz Play)

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Quelle: Starzplay

Der heiße Kerl, den ich dank der Dating-App kennengelernt habe, ist er womöglich mein Seelenverwandter? Verkünden die grellen Visionen beim gemeinsamen Orgasmus tatsächlich den bevorstehenden Weltuntergang? Oder habe ich vielleicht doch nur einen Joint zu viel geraucht? Solche Fragen beschäftigen den jungen Ulysses in Gregg Arakis Now Apocalypse. Von viel nackter, junger Haut und vielfältigem Drogenkonsum über existenzielle Ängste und esoterische Gedanken bis hin zur drohenden Apokalypse samt Aliens und viel satirischer Freude an den Oberflächlichkeiten und Untiefen L. A.s ist hier alles mit dabei. Einen gewissen Trashfaktor kann man Now Apocalypse nicht absprechen. Was allerdings nicht heißt, dass die schwungvolle Sache nicht ziemlich viel Spaß machen kann - und mit größtmöglicher queerer Selbstverständlichkeit begeistert.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Patrick Heidmann.

7 / 9

The Disappearance of Madeleine McCann (Netflix)

Das Verschwinden von Madeleine McCann

Quelle: Netflix

Am 3. Mai 2007 verschwand Madeleine McCann aus einer Ferienwohnung an der portugiesischen Algarve. Falls sie noch lebt, ist sie heute ein Teenager - im öffentlichen Bewusstsein aber wird sie wohl ein dreijähriges Mädchen bleiben, blond, blaue Augen. "Maddie", wie die britische Boulevardpresse sie konsequent nennt, ist längst eine öffentliche Figur. Die Doku-Serie The Disappearance of Madeleine McCann ist nur der jüngste Beweis dafür. Am Ende der acht Folgen sind mehr Fragen offen als zu Beginn. Zwei Dinge werden aber eindrücklich klar: wie ein medienträchtiges Verbrechen Beteiligte korrumpieren kann - und dass es mehr als nur ein Opfer gibt.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Johanna Bruckner.

8 / 9

8 Tage (Sky)

Acht Tage

Quelle: Stephan Rabold/Neuesuper/Sky

Bald ist Schluss. Noch acht Mal geht die Sonne unter, dann wird ein Asteroid in Europa einschlagen. Wer in der Todeszone wohnt, hat drei Optionen für die Wochenplanung: Man kann versuchen zu fliehen, sich in einen Bunker verkriechen und hoffen, dass er hält, oder mit dem Leben abschließen und der verbleibenden Zeit noch irgendwie Sinn geben. Die neue Serie 8 Tage stellt Zuschauern die Frage, wie sie selbst entscheiden würden, und spielt verschiedene Szenarien anhand einer Berliner Familie durch. Leider erinnert 8 Tage an das, was man oft im Tatort bekommt: etwas, das zwar qualitativ am oberen Ende des deutschen Fernsehbetriebs angesiedelt, aber doch standardisierte Routine ist.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Benedikt Frank.

9 / 9

I Am the Night (TNT)

Serie I am the night // Medien

Quelle: TNT

I Am the Night handelt von dem berühmten, bis heute ungelösten Black-Dahlia-Mord von 1947. Erzählt ist die Serie vornehmlich aus der Sicht von Fauna Hodel, deren Großvater George unter Verdacht stand, die Tat begangen zu haben. Fauna wächst in einem Armenviertel Nevadas im Glauben auf, "gemischtrassig" zu sein, bevor sie herausfindet, dass sie von ihrer schwarzen Mutter adoptiert wurde. Langsam deckt sie die düstere Vergangenheit ihrer weißen Familie auf. I Am the Night basiert auf der Autobiografie von Fauna Hodel, die 2017 verstorben ist. Patty Jenkins, die seit "Wonder Woman" als erfolgreichste Regisseurin Hollywoods gilt, hat aus der Vorlage eine Noir-Serie mit comicartigen Figuren gemacht, allen voran India Eisley als Fauna Hodel und Chris Pine als abgeranzter Reporter, der bei ihrer Entdeckungsreise hilft.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Kathrin Hollmer.

© SZ.de/luch
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